21.11.2024
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Dokument-Nr. 16290

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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil11.07.2013

Tod durch Dornenstich beim Rosenschneiden ist versicherter UnfallLeistungs­pflicht der Versicherung kann trotz "Infek­ti­o­ns­klausel" nicht ausgeschlossen werden

Der Tod eines Versicherungs­nehmers durch einen Dornenstich beim Rosenschneiden kann ein versicherter Unfall sein. Und zwar auch dann, wenn die Versicherungs­bedingungen die Zahlung von Leistungen bei Infektionen in bestimmten Fällen verneinen. Es ist dann Sache der Versicherung das Vorliegen von Leistungs­ausschlüssen zu beweisen. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richtd Karlsruhe hervor.

Im zugrunde liegenden Streitfall hatte der Ehemann der Klägerin bei der Beklagten unter anderem eine Versicherung für den Fall des Unfalltodes mit einer garantierten Leistung von 15.000 Euro abgeschlossen. Die Klägerin ist Bezugs­be­rechtigte der Versicherung. Der Ehemann der Klägerin verletzte sich beim Schneiden von Rosenstöcken im September 2010 am linken Mittelfinger durch einen Rosendorn. Wegen dieser Verletzung wurde er zunächst stationär behandelt, da eine Infektion mit Staphylococcus aureus festgestellt worden war. Aufgrund dieser Infektion musste der linke Mittelfinger teilweise amputiert werden. Nach einer weiteren Verschlech­terung seines Gesund­heits­zu­standes verstarb der Ehemann im April 2011 wegen einer Sepsis bei Staphylococcus aureus-Bakteriämie.

Die maßgeblichen Bedingungen der Unfall­zu­satz­ver­si­cherung lauten:

"§ 2: Ein Unfall liegt vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesund­heits­schä­digung erleidet. [...]

§ 3: In welchen Fällen ist der Versi­che­rungs­schutz ausgeschlossen?

[...]

i) Infektionen

Wir werden jedoch leisten, wenn die Krank­heits­erreger durch eine unter diese Versicherung fallende Unfall­ver­letzung in den Körper gelangt sind. Nicht als Unfallfolgen gelten dabei Haut- oder Schleim­haut­ver­let­zungen, die als solche geringfügig sind und durch die Krank­heits­erreger sofort oder später, in den Körper gelangen; für Tollwut und Wundstarrkrampf entfällt diese Einschränkung [...]"

Klage der Ehefrau auf Auszahlung der Leistung vor dem Landgericht erfolglos

Die Klage der Ehefrau auf Auszahlung der Leistung für den Todesfall ist vom Landgericht Karlsruhe zurückgewiesen worden, weil sie nicht bewiesen habe, dass ihr Ehemann eine Verletzung erlitten habe, die über eine geringe Hautverletzung im Sinne der vereinbarten Versicherungsbedingungen hinausgegangen sei. Es könne offen bleiben, ob es sich überhaupt um einen Unfall gehandelt habe.

Stich an einem Rosendorn ist "von außen auf den Körper wirkendendes Ereignis"

Die dagegen erhobene Berufung der Klägerin zum Oberlan­des­gericht Karlsruhe hatte Erfolg. Die beklagte Versicherung ist zur Zahlung von 15.000 Euro nebst Zinsen verurteilt worden. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass ein Unfall vorliege. Klassische Fälle für das Merkmal "von außen auf den Körper wirkend" seien Zusammenstöße des Körpers mit Sachen, Tieren oder anderen Personen, ein solcher Zusammenstoß mit einer Sache liege auch bei einem Stich mit einem Rosendorn vor.

Versicherter hat vermutlich nicht bewusst in Dornenstrauch gegriffen

Der Unfallbegriff wäre zwar nicht erfüllt, wenn die Eigenbewegung und die Kollision gewollt gewesen seien und dabei lediglich eine ungewollte Gesund­heits­be­schä­digung eingetreten sei. Hier gebe es aber keine Anhaltspunkte dafür, dass der Versicherte bewusst in einen Rosendorn gefasst haben könnte. Unstreitig habe sich der Versicherte an einem Rosendorn infiziert und sei aufgrund der Infektion verstorben.

Versicherung hätte Verletzung durch eine die Leistung ausschließende bloße „Haut- oder Schleim­haut­ver­letzung“ beweisen müssen

Eine Leistung sei nicht aufgrund der Infek­ti­o­ns­klausel ausgeschlossen. Nach dem Wortlaut der Versi­che­rungs­be­din­gungen sei der Versi­che­rungs­schutz nur dann ausgeschlossen, wenn die Krank­heits­erreger lediglich durch eine „Haut- oder Schleim­haut­ver­letzung“, die als solche geringfügig sei, in den Körper gelangt seien. Bei einer Verletzung an einem Rosendorn sei es aber nicht gesichert, dass lediglich Haut- oder Schleim­haut­schichten durchstochen worden seien. Möglich sei auch, dass der Rosendorn tieferliegendes Gewebe erfasst habe. Dass dies hier nicht geschehen sei, hätte die beklagte Versicherung beweisen müssen. Ein Beweisantritt sei aber trotz der Beweislast der Versicherung für das Vorliegen von Leistungs­aus­sch­lüssen nicht erfolgt.

Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe/ra-online

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