21.11.2024
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Oberlandesgericht Hamm Urteil17.03.2022

Autofahrer schrieb Textnachrichten am Handy und überfuhr eine Mutter - Verurteilung wegen fahrlässiger TötungOberlan­des­gericht (OLG) Hamm verwirft Revision des Angeklagten

Der 4. Strafsenat des Oberlan­des­ge­richts Hamm hat die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts (LG) Paderborn verworfen.

Das Amtsgericht Paderborn hatte den Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Auf die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Paderborn die Freiheitsstrafe auf ein Jahr und neun Monate herabgesetzt, die Vollstreckung der Strafe jedoch nicht wie vom Angeklagten erstrebt zur Bewährung ausgesetzt. Die Verurteilung zu einer vollstreckbaren Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten ist mit der Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Hamm rechtskräftig.

Zum Sachverhalt

Nach den Urteils­fest­stel­lungen des Amtsgerichts, die der Angeklagte nicht angefochten hat, befuhr er am 19. April 2019 mit seinem Auto die Verner Straße aus Verne in Richtung Salzkotten, wobei an dieser Stelle die Geschwindigkeit auf 70 km/h beschränkt war. Während er mit überhöhter Geschwindigkeit fuhr, las er auf seinem Mobiltelefon zwei Textnachrichten, schrieb eine sehr kurze Antwort und legte das Telefon anschließend in der Mittelkonsole ab. Infolge dessen hatte er nicht bemerkt, dass er sich in einer langgezogenen Rechtskurve drei Personen auf Fahrrädern, einer Mutter mit ihrer 3-jährigen Tochter auf dem Fahrrad­kin­dersitz und der davor mit ihrem Kinderrad fahrenden 6-jährigen Tochter, näherte. Als er wieder aufschaute, bemerkte er die Familie zu spät, versuchte noch abzubremsen, kollidierte aber noch mit einer Geschwindigkeit von 82 km/h oder mehr mit den Fahrradfahrern. Durch den Unfall wurden die Mutter getötet und beide Mädchen schwer verletzt.

Strafzumessungsaspekte

Das Landgericht hat bei der Strafzumessung zu Gunsten des Angeklagten im Wesentlichen dessen bereits früh abgelegtes umfassendes Geständnis, das auch den Kindern eine belastende Aussage in der Haupt­ver­handlung ersparte, und die Zahlung eines Schmer­zens­geldes von 10.000 Euro, für die der Angeklagte einen Kredit aufnahm, und mehrere Entschul­di­gungen des Angeklagten berücksichtigt. Außerdem hat es zu seinen Gunsten berücksichtigt, dass er zuvor weder strafrechtlich noch verkehrs­rechtlich belastet war. Zu seinen Lasten hat das Landgericht im Wesentlichen gewürdigt, dass der Angeklagte die zulässige Höchst­ge­schwin­digkeit um mindestens 15 km/h überschritt und während der Fahrt sein Mobiltelefon bediente. Vor allem das Verfassen der Textnachricht stelle eine massive Ablenkung vom Verkehrs­ge­schehen dar, so dass dem Angeklagten insgesamt eine ganz erhebliche Sorg- und Verant­wor­tungs­lo­sigkeit vorzuwerfen sei.

Keine Bewährung wegen besonders schwerwiegendem Verstoß

Eine Strafaussetzung zur Bewährung lehnte das Landgericht ab, obwohl der Angeklagte bereits früh ein umfassendes Geständnis abgelegt, mittels eines Kredits ein Schmerzensgeld von 10.000 Euro gezahlt hatte und weder strafrechtlich noch verkehrs­rechtlich vorbelastet war. Vor diesem Hintergrund könne dem sozial integrierten Angeklagten zwar eine günstige Prognose gestellt werden. Auch lägen deswegen besondere Umstände vor, die die Strafaussetzung einer über ein Jahr hinausgehenden Freiheitsstrafe ausnahmsweise zulassen würden. Eine Strafaussetzung zur Bewährung komme hier jedoch nicht in Betracht, da die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Verteidigung der Rechtsordnung geboten sei (§ 56 Abs. 3 StGB). Insbesondere der vorsätzliche Verstoß gegen das Verbot, elektronische Geräte wie Mobiltelefone aufzunehmen und zu bedienen (§ 23 Abs. 1a StVO), stelle sich hier als besonders schwerwiegend dar. Der Angeklagte habe sich für einen belanglosen Austausch von Textnachrichten über dieses Verbot und die dadurch geschützten Sicher­heits­in­teressen anderer Verkehrs­teil­nehmer ohne Bedenken hinweggesetzt. Die Tat sei dabei auch Ausdruck einer verbreiteten Einstellung, die eine durch einen erheblichen Unrechtsgehalt gekennzeichnete Norm nicht ernst nehme und von vorneherein auf die Aussetzung einer etwaigen Freiheitsstrafe zur Bewährung vertraue.

Die Nachprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (pm/cc)

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