23.11.2024
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Sie sehen eine rote Rose, welche in einer Pfütze liegt.

Dokument-Nr. 15534

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Urteil28.02.2013Oberlandesgericht HammI-10 U 71/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW-RR 2013, 779Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2013, Seite: 779
  • RNotZ 2013, 307Rheinische Notar-Zeitschrift (RNotZ), Jahrgang: 2013, Seite: 307
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ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Hamm Urteil28.02.2013

Bindung an Pflichtteils­strafklausel im Ehegattentest verhindert wirksame Einrichtung eines Behinderten­testaments nach dem Tod des ersten ElternteilsElternteil ist nach dem Tod des Ehepartners an Verfügungen aus gemein­schaft­lichem Testamenten gebunden

Die Pflichtteils­strafklausel in einem von einem Ehepaar errichteten Berliner Testament greift auch dann ein, wenn ein Träger der Sozialhilfe beim Tod des Erstvers­ter­benden aus übergegangenem Recht für eines der Kinder den Pflichtteil verlangt. Der Pflichtteils­anspruch des Kindes nach dem Tod des zuletzt Versterbenden kann dann durch eine spätere Erbeinsetzung des Kindes durch den überlebenden Elternteil im Rahmen eines so genannten Behinderten­testaments nicht ausgeschlossen werden. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm.

Im zugrunde liegenden Streitfall hatte ein Ehepaar aus Essen hatte sich in im Jahre 1979 und 1995 errichteten Berliner Testamenten wechselseitig zu Erben eingesetzt und bestimmt, dass ihre vier Töchter Schlusserben nach dem Tode des Letzt­vers­ter­benden werden sollten. Zugleich hatten sie angeordnet, dass ein Kind, das nach dem Tode des Erstvers­ter­benden den Pflichtteil fordert, auch nach dem Tod des später Versterbenden auf den Pflichtteil beschränkt sein sollte (Pflicht­teilss­traf­klausel). Die jüngste Tochter des Ehepaars ist seit ihrer Geburt schwer behindert, lebt in einer Behin­der­ten­ein­richtung und steht im Leistungsbezug des klagenden Landschafts­ver­bandes.

Landschafts­verband macht für Tochter Pflicht­teils­an­spruch geltend

Nach dem Tode des Vaters im Jahre 1997 machte der Kläger aus übergegangenem Recht der jüngsten Tochter gegen die überlebende Mutter erfolgreich einen Pflicht­teils­an­spruch geltend.

Mutter will mit weiterem Testament erneuten Zugriff des Klägers auf Erbe der behinderten Tochter beim Versterben der Mutter verhindern

Mit einem im Jahre 1998 errichteten notariellen Testament setzte die Mutter alle vier Töchter zu gleichen Teilen als Erben ein und ordnete bezüglich ihrer jüngsten Tochter eine Vorerbschaft an, wobei ihre Schwestern Nacherben sein sollten (so genanntes Behin­der­ten­tes­tament). Hiermit sollte ein weiterer Zugriff des Klägers auf das Erbe der behinderten Tochter beim Versterben der Mutter verhindert werden.

Kläger verlangt nach Tod der Mutter von Schwestern erneut den Pflichtteil

Nach dem Tode der Mutter im Jahre 2010 verlangte der Kläger, wiederum aus übergegangenem Recht der jüngsten Tochter, von den drei weiteren Schwestern erneut den Pflichtteil. Diesen verweigerten die Schwestern unter Hinweis darauf, dass ihre jüngste Schwester aufgrund des Testaments aus dem Jahre 1998 Vorerbin und deswegen nicht pflicht­teils­be­rechtigt sei.

Behinderte Tochter wurde infolge des Pflicht­teils­ver­langens beim Tod des Vaters wirksam enterbt

Das Oberlan­des­gericht Hamm gab dem klagenden Landschafts­verband Recht und entschieden, dass die in seinem Leistungsbezug stehende behinderte Tochter nach dem Tode der Mutter pflichtteils- und nicht erbberechtigt ist. Die Pflicht­teilss­traf­klausel aus den Berliner Testamenten der Eltern greife auch dann ein, wenn ein Träger der Sozialhilfe aus übergegangenem Recht und nicht das behinderte Kind selbst den Pflichtteil nach dem Tode des Erstver­stre­benden verlangt habe. Diesen Testamenten sei nicht zu entnehmen, dass die für den Schlusserbfall angeordnete Miter­ben­stellung der behinderten Tochter dem Zugriff des Sozia­l­hil­fe­trägers entzogen sein sollte. Zu Lebzeiten beider Eltern sei kein so genanntes Behindertentestament errichtet worden. Die behinderte Tochter sei deswegen infolge des Pflicht­teils­ver­langens des Klägers beim Tode des Vaters wirksam enterbt worden. Hieran hätten die Regelungen des Folgetestaments aus dem Jahre 1998 nichts ändern können. Die Mutter sei nach dem Tod des Vaters an die entge­gen­ste­henden Verfügungen aus den gemein­schaft­lichen Testamenten gebunden gewesen und habe nicht mehr anderweitig verfügen können.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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