21.11.2024
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Oberlandesgericht Hamm Urteil17.07.2012

"Vorfahrt gewähren" - OLG Hamm zur Vorfahrts­re­gelung für Radfahrer und Autos am KreisverkehrEin auf einem Radweg neben dem Kreisverkehr fahrender Radfahrer ist an Zufahrtsstraßen zum Kreisverkehr immer wartepflichtig

Hat ein Radfahrer auf einem neben einem Kreisverkehr geführten Radweg das Verkehrszeichen "Vorfahrt gewähren" zu beachten, wenn er eine Zufahrtsstraße zum Kreisverkehr queren will, ist der Radfahrer gegenüber den Autos, die über die Zufahrtsstraße in den Kreisverkehr einfahren wollen, wartepflichtig. Das gilt auch dann, wenn die Autofahrer vor dem Radweg und dem Erreichen des Kreisverkehrs selbst das Zeichen "Vorfahrt gewähren" in Kombination mit dem Zeichen "Kreisverkehr" passieren müssen. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm.

Die seinerzeit 67jährige Klägerin des zugrunde liegenden Falls, eine Hausfrau aus Velen, erlitt im Juni 2008 in Südlohn einen Verkehrsunfall, als sie mit ihrem Elektrofahrrad auf dem neben der Kreisfahrbahn geführten Radweg an einem Kreisverkehr die Einmündung der Straße „Brink“ querte. Sie stieß im Einmün­dungs­bereich mit dem Fahrzeug der Beklagten aus Südlohn zusammen, die von der Straße „Brink“ kommend in den Kreisverkehr einfahren wollte. Vor dem Queren der Straße „Brink“ haben Radfahrer das Verkehrszeichen „Vorfahrt gewähren“ (Zeichen 205/klein der Straßen­ver­kehrs­ordnung) zu beachten. Die in den Kreisverkehr einfahrenden Autofahrer passieren vor dem Radweg und dem Kreisverkehr ebenfalls das Zeichen „Vorfahrt gewähren“ in Kombination mit dem Zeichen „Kreisverkehr“ (Zeichen 215 der Straßen­ver­kehrs­ordnung). Die Klägerin verlangte von der Beklagten Schadensersatz verlangt, u.a. ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 Euro. Sie war der Auffassung, die Autofahrerin habe ihr Vorfahrtsrecht verletzt. Sie habe sie vor der Einfahrt in den Kreisverkehr passieren lassen müssen.

Autofahrer ist lediglich gegenüber den im Kreisverkehr befindlichen Autos wartepflichtig - nicht auch gegenüber Radfahrern

Das Oberlan­des­ge­richts Hamm hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin treffe ein erhebliches, eine Mithaftung der Beklagten ausschließendes Eigen­ver­schulden am Unfall. Die Beklagte habe kein Vorfahrtsrecht verletzt. Aufgrund der von ihr zu passierenden Verkehrszeichen sei sie lediglich gegenüber dem auf der eigentlichen Kreisbahn befindlichen Verkehr wartepflichtig gewesen und nicht auch gegenüber Radfahrern, die den neben der Kreisbahn befindlichen Radweg benutzten. Demgegenüber habe die Klägerin der Beklagten Vorfahrt gewähren müssen, ihre Wartepflicht gelte nicht nur gegenüber Fahrzeugen, die vom Kreisverkehr in die Zufahrtsstraße abbiegen, sondern auch gegenüber den Fahrzeugen, die über die Zufahrtsstraße in den Kreisverkehr einfahren wollten. Nur so verstanden ergebe die vorhandene Beschilderung einen Sinn. Hinzu komme, dass die Klägerin über einen abgesenkten Bordstein vom Radweg auf die Fahrbahn der Zufahrtstraße gefahren sei. Nach der Straßen­ver­kehrs­ordnung habe sich derjenige, der über einen abgesenkten Bordstein auf eine Fahrbahn einfahre, so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrs­teil­nehmer ausgeschlossen sei. Daraus folge, dass ihm insoweit auch kein Vorfahrtsrecht zustehen könne. Im Übrigen fehlten auf der Fahrbahn der Zufahrtsstraße Markierungen für einen querenden Radweg, was ebenfalls ein Anhaltspunkt dafür sei, dass ein querender Radfahrer wartepflichtig sei.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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