23.11.2024
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Oberlandesgericht München Urteil03.03.2011

Fahrradfahren ohne Helm: Radfahrer muss sich bei Kollision mit Pkw Mitverschulden zurechnen lassenOLG München zu den Pflichten eines Fahrradfahrers

Kommt es auf einer Straße, bei der nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist, ob es sich um einen Feldweg oder eine bevorrechtigte Straße handelte, zu einer Kollision zwischen einem Fahrradfahrer und einem Pkw, trifft den Fahrradfahrer zumindest dann ein Mitverschulden, wenn dieser auf einem Rennrad und ohne Fahrradhelm unterwegs ist. Hier spricht dann der so genannte Anscheinsbeweis für eine sportliche Fahrweise. Dies entschied das Oberlan­des­gericht München.

Im zugrunde liegenden Streitfall klagte ein Radfahrer, der am 13. Juli 2007 um 6 Uhr morgens auf dem Weg zur Arbeit bei einer Kollision mit einem VW-Bus erhebliche Verletzungen - auch am Kopf - erlitten hatte. Der ohne Helm fahrende Radler war mit seinem Rennrad aus einem als Geh- und Radweg gekenn­zeichneten geteerten Weg ungebremst und mit hoher Geschwindigkeit nach links auf die vom Beklagten mit seinem Wagen befahrene geteerte und annähernd gleich breite Ortsver­bin­dungs­straße eingebogen, wo es zum Zusammenstoß kam.

Landgericht verurteilt Autofahrer zur Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz

Das Landgericht Memmingen hatte der Klage zu zwei Dritteln stattgegeben und den beklagten Autofahrer sowie seine Versicherung unter anderem zu einem erheblichen Schmerzensgeld und weiterem Schadensersatz verurteilt.

Oberlan­des­gericht erhöht Haftungsquote des Fahrradfahrers

Hiergegen richtete sich die auf eine Klageabweisung zielende Berufung der Beklagten, die hilfsweise auch beantragt hatten, die Haftungsquote zu ihren Gunsten zu ändern. Letzterem entsprach das Oberlan­des­gericht München mit seinem Urteil im Berufungs­ver­fahren insoweit, als es die Haftungsquote des Klägers von 1/3 auf 40 % erhöhte.

VW-Bus-Fahrer verletzt Rechts-vor-Links-Regelung

Das Oberlan­des­gericht setzte sich zunächst mit der Frage auseinander, ob es sich bei dem vom Radfahrer benutzten Weg um einen untergeordneten „Feld- oder Waldweg“ handelte, was er nach längeren Ausführungen verneinte. Da der Weg als Straße einzuordnen war, bei der die Rechts-vor-Links-Regelung des § 8 Abs. 1 Satz 1 StVO gelte, bestand eine Vorfahrts­be­rech­tigung des Radfahrers, die der VW-Bus-Fahrer verletzt hatte.

Radfahrer hätte wegen unklarer Straßen­ver­hältnisse strengere Sorgfalt beachten müssen

Ein erhebliches Mitverschulden des Radfahrers an dem Unfall sah das Gericht jedoch, ebenso wie schon das Landgericht, darin, dass der Radler aufgrund der nicht sofort eindeutig zu beantwortenden Frage, ob es sich bei dem von ihm befahrenen Weg um einen Feldweg oder eine bevorrechtigte Straße handelte, eine strengere Sorgfalt hätte beachten müssen, was er nicht getan habe. Bereits aus diesem Fehlverhalten des Radfahrers hat das Gericht ihm eine Mitver­schul­den­squote von einem Drittel auferlegt.

Kein Fahrradhelm – Gericht erhöht Mitver­schul­den­santeil des Radfahrers

Darüber hinaus hat das Gericht den Mitver­schul­den­santeil des Radfahrers und damit seine Haftungsquote aber auch noch deswegen erhöht, weil er gegen die Obliegenheit verstoßen hatte, einen Fahrradhelm zu tragen.

Bei Nutzung eines Rennrades spricht so genannter Anscheinsbeweis für „sportliche Fahrweise“

Hierzu hat das Gericht ausgeführt, dass bei einem Radler, der, wie vorliegend der Fall, ein Rennrad mit Klickpedalen im freien Gelände benutzt, bereits ein so genannter Anscheinsbeweis für eine „sportliche Fahrweise“ spreche, welche eine Obliegenheit zum Tragen eines Schutzhelms begründet. Da der Kläger neben zahlreichen schweren Verletzungen im Rumpfbereich auch Kopfver­let­zungen erlitten hatte, sprach, so das Gericht, der Beweis des ersten Anscheins auch für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Nichtbenutzen des Helms und den eingetretenen Kopfver­let­zungen.

Quelle: Oberlandesgericht München/ra-online

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