21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 18378

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Oberlandesgericht Hamm Urteil04.04.2014

Sorgfalts­pflichten der Eltern beim Grillen mit BrennspiritusAusreichender Sicher­heits­abstand zum Grill genügt regelmäßig den Sorg­falts­anforderungen

Wird mit Brennspiritus gegrillt, so müssen die Eltern dafür sorgen, dass ihre Kinder zumindest einen ausreichenden Sicher­heits­abstand zum Grill wahren. Kommt es dennoch aufgrund einer Verkettung unglücklicher Umstände zu einem Unfall, so haften dafür die Eltern grundsätzlich nicht. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Hamm hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im April 2009 veranstaltete eine Familie mit ihren Nachbarn eine Grillparty. Einer der Nachbarn übernahm dabei die Rolle des Grillmeisters. Um den Grill besser anzufachen, benutzte dieser Brennspiritus. Als der Grillmeister in den bereits glimmenden Kohlen Spiritus spritzte, entstand eine meterhohe Stichflamme, die den Spiritusstrahl entzündete. Um eine Explosion der Spiritusflasche zu verhindern, richtete der Grillmeister den brennenden Strahl in Richtung Garten. Zum Zeitpunkt der Entstehung der Stichflamme standen zudem die Hausherrin sowie ihre Kinder in der Nähe des Grills. Zwar befanden sich die Kinder in einem ausreichenden Sicher­heits­abstand zum Grill, um von der Stichflamme nicht getroffen zu werden. Dennoch setzte sich der 6-jährige Sohn der Hausherrin in Panik und auf Zuruf seiner 9-jährigen Schwester in Richtung des vermeintlich sicheren Gartens in Bewegung. Dort geriet er in den brennenden Spiritusstrahl und zog sich schwere Brand­ver­let­zungen zu. Nachdem die Haftpflicht­ver­si­cherung des Grillmeisters an den 6-jährigen Sohn Schadenersatz und Schmerzensgeld in Höhe von etwa 47.000 EUR zahlte, verlangte sie die Erstattung der Hälfte davon von der Hausherrin. Die Versicherung war der Meinung, dass sie ebenfalls für die Brand­ver­let­zungen ihres Sohnes hafte. Der Fall kam schließlich vor Gericht.

Landgericht wies Klage ab

Das Landgericht Münster wies die Klage der Versicherung auf Erstattung der hälftigen Schadenersatz- und Schmer­zens­geld­zahlung ab. Denn die Mutter des Brandopfers habe für den Unfall nicht gehaftet. Diese sei gemäß § 1664 Abs. 1 BGB nur bei Verletzung der eigenüblichen Sorgfalt sowie bei grober Fahrlässigkeit schaden­er­satz­pflichtig gewesen. Beides sei ihr aber nicht vorzuwerfen gewesen. Gegen diese Entscheidung legte die Versicherung Berufung ein.

Oberlan­des­gericht verneinte ebenfalls Anspruch

Das Oberlan­des­gericht Hamm bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Berufung der Versicherung zurück. Diese habe keinen Anspruch auf die hälftige Teilung der Schadenersatz- und Schmer­zens­geld­zahlung zugestanden. Denn die Mutter sei ihrem Sohn gegenüber nicht schaden­er­satz­pflichtig gewesen. Zu ihren Gunsten habe die Haftungs­pri­vi­le­gierung aus § 1664 Abs. 1 BGB gegriffen. Danach haften die Eltern nur bei Verletzung derjenigen Sorgfalt, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen oder gemäß § 277 BGB bei grober Fahrlässigkeit. Beides sei der Mutter aber nicht vorzuwerfen gewesen.

Keine Verletzung der eigenüblichen Sorgfalt

Die Mutter habe nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts die eigenübliche Sorgfalt nicht verletzt. Dass sie diese vielmehr eingehalten habe, habe der Umstand gezeigt, dass sie selbst durch die Stichflamme verletzt wurde. Zudem sei die Verwendung von Brennspiritus in ihrem Haushalt üblich gewesen.

Mutter handelte nicht grob fahrlässig

Darüber hinaus sei der Mutter auch keine grobe Fahrlässigkeit anzulasten gewesen, so das Oberlan­des­gericht weiter. Zwar sei ihr Fahrlässigkeit vorzuwerfen, da sie es unterließ die Kinder ins Haus zu schicken, ihren Nachbarn von dem weiteren Spirituseinsatz abzuhalten oder die Kinder soweit vom Grill zu positionieren, dass sie auf typisch kindliche Fehlreaktionen hätte reagieren können. Dieser Vorwurf habe aber noch nicht den Grad der groben Fahrlässigkeit erreicht. Sie habe nicht das unbeachtet gelassen, was jedem im konkreten Fall hätte einleuchten müssen. Es sei zu beachten gewesen, dass die Mutter ihre Kinder in einem Abstand vom Grill stellte, um sie vor der Gefahr einer Stichflamme zu schützen. Ihr hätte nicht einleuchten müssen, dass diese Siche­rungs­maßnahme unzureichend war. Denn die Panikreaktion ihres 6-jährigen Sohns sei nicht so naheliegend gewesen. Im Ergebnis habe der Unfall auf einer unglücklichen Verkettung mehrerer Umstände beruht, deren Zusammentreffen für die Mutter nicht naheliegend waren.

Verweis auf andere Entscheidung des OLG Hamm unerheblich

Soweit die Versicherung auf das Urteil des Oberlan­des­ge­richts Hamm vom 15.12.1997 - 6 U 66/96 - verwies, so hielt das Oberlan­des­gericht dies für unerheblich. Denn im dortigen Fall habe der Vater trotz Einsatzes von Brennspiritus keinerlei Siche­rungs­maß­nahmen zum Schutz seines Kinds ergriffen, sondern es vielmehr in unmittelbarer Nähe des Grills stehen lassen.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm. ra-online (vt/rb)

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