Dokument-Nr. 18031
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- VersR 2008, 932Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2008, Seite: 932
Landgericht Erfurt Urteil27.12.2007
Unfall beim Grillen: 14-Jährige nicht verpflichtet 17-Jährigen vor Gefahren von Brennspiritus zu warnenÜberlassen von Brennspiritus an 17-Jährigen zulässig
Fragt ein 17-Jähriger eine 14-Jährige nach Brennspiritus, verletzt die 14-Jährige nicht ihre Verkehrssicherungspflicht, wenn sie den Brennspiritus herausgibt. Sie ist nicht verpflichtet den 17-Jährigen vor den Gefahren von Brennspiritus zu warnen. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Erfurt hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Juni 2003 feierte eine 14-Jährige ihren Geburtstag an einem Baggersee mittels eines Grillabends. Dazu wurde ihr von ihrer Mutter unter anderem Brennspiritus mitgegeben. Über die Gefahren von Brennspiritus wurde sie eingehend belehrt. Ein zur selben Zeit grillender 17-Jähriger fragte die 14-Jährige nach ihrem Brennspiritus. Nachdem sie den Brennspiritus herausgab, benutze der 17-jährige den Spiritus. Durch eine Stichflamme entzündete sich der Spiritus in der Flasche und verletzte eine in der Nähe sitzende Person schwer. Der 17-Jährige stritt nachfolgend seine Verantwortung für den Unfall nicht ab. Er meinte jedoch, dass auch die Mutter der 14-Jährigen zumindest eine Mitverantwortung getragen habe, da sie ihrer minderjährigen Tochter den Brennspiritus mitgab. Der Fall kam schließlich vor Gericht.
Mitgeben des Brennspiritus begründete keine Mitverantwortung
Das Landgericht Erfurt entschied gegen den 17-Jährigen. Eine Haftung der Mutter hätte vorausgesetzt, dass sie durch das Mitgeben des Brennspiritus ihre Aufsichtspflicht verletzt habe (§ 832 BGB). Dies sei hier aber nicht der Fall gewesen. Allein das Mitgeben von Spiritus stelle keine Pflichtverletzung dar. Allenfalls eine unterlassene Belehrung über die Gefahren von Brennspiritus könne eine Pflichtverletzung begründen. Eine solche Belehrung sei hier aber erfolgt.
Keine Belehrungspflicht der 14-Jährigen
Es sei nach Ansicht des Landgerichts zudem vollkommen unerheblich gewesen, ob eine Belehrung erfolgte oder nicht. Denn eine 14-Jährige müsse einen 17-Jährigen nicht über die Gefahren von Brennspiritus aufklären. Es sei grundsätzlich davon auszugehen, dass die körperliche und geistige Entwicklung des älteren Jugendlichen weiter vorangeschritten ist als die Entwicklung des jüngeren Jugendlichen. Der Jüngere habe den Älteren daher nicht über die Gefahren des Lebens zu belehren. Der Unfall sei daher allein durch das eigenverantwortliche Handeln des 17-Jährigen verursacht worden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 10.04.2014
Quelle: Landgericht Erfurt, ra-online (zt/VersR 2008, 932/rb)
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