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- Schlag ins Gesicht durch Polizisten zur Abwehr einer Spuckattacke vom Notwehrrecht gedecktLandgericht Bonn, Urteil09.12.2011, 25 Ns 555 Js 131/09 - 148/11
- Gewalt unter Schülern: Faustschlag ins Gesicht rechtfertigt Überweisung in andere SchuleVerwaltungsgericht Berlin, Beschluss03.05.2010, VG 3 L 187.10
- Angriff auf Wachmann aus Vergeltung für (vermeintlich) früheren privaten Vorfall ist kein ArbeitsunfallSozialgericht Heilbronn, Urteil18.02.2013, S 5 U 1914/12
Oberlandesgericht Hamm Beschluss08.06.2015
Notwehrreaktion auch nach Irrtum über Festnahme gerechtfertigtSicherheitsmitarbeiter darf sich gegen Faustschlag eines vermeintlichen Ladendiebs verteidigen
Wer sich schuldlos irrtümlich zur vorläufigen Festnahme für berechtigt erachtet, darf sich gegen einen rechtswidrigen Faustschlag des Festgehaltenen mit einem eigenen Faustschlag zur Wehr setzen. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm und bestätigte damit ein erstinstanzliches Urteil des Landgerichts Paderborn.
Der 31 Jahre alte Beklagte des zugrunde liegenden Verfahrens, Mitarbeiter eines Sicherheitsunternehmens, hatte im Juni 2013 die Filiale eines Baumarkts in Paderborn zu überwachen. In der Annahme eines Diebstahls von Baumarktmaterialien hielt der Beklagte den 54 Jahre alten Kläger aus Paderborn und einen Begleiter gegen 23.00 Uhr in der Nähe des Baumarkts an, weil diese einen Kanister mit sich führten. In ihrem - was sich nachträglich herausstellte - nicht versicherten und vom Kläger ohne gültige Fahrerlaubnis geführten Fahrzeug befanden sich mehrere Kunststoffkanister, von denen einer mit Diesel gefüllt war. Weil ihm dies verdächtig erschien, informierte der Beklagte die Polizei, woraufhin der Kläger versuchte, in das Fahrzeug einzusteigen. Dies verhinderte der Beklagte, indem er die Fahrertür zudrückte. Hierauf schlug der Kläger den Beklagten ins Gesicht, worauf der Beklagte mit einem Faustschlag ins Gesicht des Klägers reagierte. Durch diesen Schlag erlitt der Kläger eine Gesichtsschädelfraktur. Vom Beklagten hat der Kläger deswegen Schadensersatz verlangt, u.a. ein Schmerzensgeld von 4.000 Euro. Der Beklagte hat eine Zahlung abgelehnt, weil er in Notwehr gehandelt habe.
Aufgrund nachträglich gewonnener Erkenntnisse ist der Kläger wegen unerlaubten Führen eines nicht versicherten Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten ohne Bewährung verurteilt worden.
OLG verneint Schadensersatzanspruch des Klägers
Nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm blieb die Schadensersatzklage des Klägers erfolglos. Durch den Faustschlag des Sicherheitsmitarbeiters habe der Kläger zwar eine Gesundheitsverletzung erlitten. Dies begründe aber keinen Schadensersatzanspruch des Klägers, weil der Sicherheitsmitarbeiter in Notwehr gehandelt habe.
Recht zur vorläufigen Festnahme bestand nicht
Dem Sicherheitsmitarbeiter habe zwar kein Recht zur vorläufigen Festnahme gemäß § 127 Strafprozessordnung wegen eines Diebstahls zum Nachteil des Baumarkts zugestanden, weil er noch vor der Auseinandersetzung mit dem Kläger erkannt habe, dass dieser keine Materialien des Baumarkts entwendet hatte. Auch die verkehrsrechtlichen Straftaten des Klägers könnten die Festnahme durch den Beklagten nicht rechtfertigen, weil sie dem Beklagten seinerzeit nicht bekannt gewesen seien.
Sicherheitsmitarbeiter durfte sich gegen rechtswidrigen Schlag des Klägers verteidigen
Ob dem Sicherheitsmitarbeiter demgegenüber bereits ein Festnahmerecht zugestanden habe, weil er nach den äußeren Umständen habe annehmen dürfen, den Kläger beim Diebstahl von Dieselkraftstoff auf frischer Tat betroffen zu haben, müsse nicht entschieden werden. Jedenfalls habe der Sicherheitsmitarbeiter aufgrund der tatsächlichen Umstände schuldlos annehmen dürfen, den Kläger auf frischer Tat bei einem Vermögensdelikt angetroffen zu haben. Dies habe der Kläger auch in dem Moment erfahren, in dem ihm der Sicherheitsmitarbeiter mitgeteilt habe, dass die Polizei informiert sei und gleich eintreffen werde. In dieser Situation habe die Aufklärung eines verdächtig anmutenden Sachverhalts unmittelbar bevorgestanden. Deswegen habe sich der Kläger gegen sein unberechtigtes Festhalten durch den Sicherheitsmitarbeiter nicht mit einem Schlag ins Gesicht des Sicherheitsmitarbeiters verteidigen dürfen. Das sei keine erforderliche Verteidigungshandlung gewesen. Der Kläger habe das Eintreffen der Polizei abwarten können, um Missverständnisse aufzuklären. Dass er sich anders verhalten habe, lasse darauf schließen, dass er das Eintreffen der Polizeibeamten nur deshalb nicht habe abwarten wollen, weil er - zu Recht - befürchtet habe, dass bei der polizeilichen Überprüfung die später zur Verurteilung führenden Straftaten aufgedeckt werden würden. Gegen den damit rechtswidrigen Schlag des Klägers habe sich der Sicherheitsmitarbeiter mit einem Faustschlag ins Gesicht des Klägers verteidigen dürfen und deswegen in Notwehr gehandelt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 06.07.2015
Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online
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