18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 28420

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Oberlandesgericht Hamm Beschluss23.11.2018

Anhalten des Vor­fahrt­berechtigten an "rechts-vor-links"-Kreuzung spricht nicht für Vorfahrt­verzichtVor­fahrts­berechtigter muss nicht mit potentiellem Fehlverhalten anderer Verkehrs­teil­nehmer rechnen

Hält ein Vor­fahrt­berechtigter an einer "rechts-vor-links"-Kreuzung an, so spricht dies nicht für einen Vorfahrt­verzicht. Zudem muss der Vorfahrt­be­rechtigte nicht mit einem potentiellen Fehlverhalten anderer Verkehrs­teil­nehmer rechnen und deshalb seine Vorfahrt zurückstellen. Dies hat das Oberlan­des­gericht Hamm entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall kam es an einer T-Kreuzung in einem verkehrs­be­ru­higten Bereich zu einem Verkehrsunfall. An der Kreuzung galt die Vorfahrt­re­gelung "rechts-vor-links". Eine 79-jährige Autofahrerin nahm dem von rechts kommenden Autofahrer die Vorfahrt, wodurch es zu einer Kollision kam. Die Frau gab später an, sie habe angenommen, der andere Autofahrer würde auf seine Vorfahrt verzichten, da er an der Kreuzung anhielt. Die Frau war zudem der Meinung, der andere Autofahrer hätte aufgrund seiner irritierenden Fahrweise mit ihrem Fehlverhalten rechnen müssen und daher auf sein Vorfahrtrecht verzichten müssen. Sie erhob daher Klage auf Zahlung von Schadensersatz. Das Landgericht Essen wies die Klage ab. Dagegen richtete sich die Berufung der Klägerin.

Kein Anspruch auf Schadensersatz

Das Oberlan­des­gericht Hamm bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und wies daher die Berufung der Klägerin zurück. Ihr stehe gegen den Beklagten kein Anspruch auf Schadensersatz zu. Die Klägerin habe den Unfall durch ihren Verstoß gegen die Vorfahrt­re­gelung des § 8 Abs. 1 StVO allein verschuldet. Dem Beklagten sei dagegen kein Sorgfalts­verstoß anzulasten.

Kein Vorfahrt­verzicht wegen Anhaltens an Kreuzung

Die Klägerin habe nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts allein wegen des Anhaltens des Beklagten nicht von einem Vorfahrtverzicht ausgehen dürfen. Das Anhalten des Beklagten sei dadurch zu erklären, dass er sich hinsichtlich des ihm gegenüber bevorrechtigten Verkehrs habe vergewissern müssen. Dies sei für die Klägerin erkennbar gewesen.

Kein Zurückstellen des Vorfahrtrechts wegen irritierenden Fahrverhaltens

Der Beklagte hätte nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts auch nicht auf sein Vorfahrtrecht verzichten müssen, weil sein Fahrverhalten als Vorfahrt­verzicht habe missdeutet werden können. Es sei Sache der Klägerin gewesen, sich von einem ausnahmsweisen Vorfahrt­verzicht eindeutig zu vergewissern. Die Sorgfalts­an­for­de­rungen seien keinesfalls umzuverteilen. Wer wartepflichtig ist, dürfe sich nicht darauf berufen, dass der Vorfahrt­be­rechtigte mit potentiellem Fehlerverhalten zu rechnen hat. Bei Irritationen müsse sich vielmehr der Wartepflichtige eindeutig verhalten, wie es die Regelung des § 8 StVO von ihm verlangt.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (vt/rb)

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