23.11.2024
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Dokument-Nr. 30812

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Urteil15.07.2021Oberlandesgericht Hamm5 U 153/15 ; 5 U 156/15
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Oberlandesgericht Hamm Urteil15.07.2021

Forstwirte müssen von Wisenten ausgehende Beein­träch­ti­gungen nicht mehr duldenOLG Hamm gibt Klagen zweier Forstwirte statt

Zwei Forstwirte aus Schmallenberg sind nicht mehr dazu verpflichtet, Beein­träch­ti­gungen ihres Eigentums zu dulden, die von Wisenten ausgehen, die im Rothaargebirge ausgewildert worden waren. Dies hat der 5. Zivilsenat des Oberlan­des­ge­richts Hamm in zwei Urteilen entschieden.

Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt, dass die klagenden Forstwirte von dem zum Zweck der Auswilderung und Erhaltung von Wisenten im Rothaargebirge gegründeten Verein verlangen könnten, die Beschädigung der in ihrem Eigentum stehenden Bäume durch die Wisente durch geeignete Maßnahmen zu verhindern. Die beiden Forstwirte müssten diese Eigen­tums­be­ein­träch­ti­gungen insbesondere nicht (mehr) unter dem Gesichtspunkt dulden, dass es sich bei der Freisetzung der Wisente um eine natur­schutz­rechtliche Maßnahme – im Sinne von § 65 Abs. 1 des Bundes­na­tur­schutz­ge­setzes (BNatSchG) – handele. Denn durch die Wisente würden sie in der Nutzung ihrer Grundstücke unzumutbar beeinträchtigt. Dabei könne zugunsten des beklagten Vereins unterstellt werden, dass die Schäden am Baumbestand der Forstwirte und die damit verbundene wirtschaftliche Belastung unter Berück­sich­tigung gezahlter Entschädigungen eine Unzumutbarkeit nicht begründen könnten, weshalb es einer Aufklärung der genauen Schadenshöhe durch ein Sachver­stän­di­gen­gut­achten nicht bedürfe.

Zweck der Maßnahme wurde erreicht

Die Unzumutbarkeit der (weiteren) Duldung durch die Forstwirte folge nämlich jedenfalls aus dem zwischen­zeitlich eingetretenen Zeitablauf sowie dem Umstand, dass der mit der Freiset­zungsphase, die dazu dienen habe sollen, Erfahrungen darüber zu sammeln, wie sich die ausgesetzten Wisente in Freiheit verhalten würden, verfolgte Zweck erreicht sei. Von vornherein sei diese Freiset­zungsphase auf einen begrenzten Zeitraum angelegt gewesen und dürfte nicht über Gebühr ausgedehnt werden. Tatsächlich seien die Ziele dieser Phase erreicht, weshalb es ihrer Fortsetzung für die Realisierung des Projekts nicht mehr bedürfe. Auch eine dem beklagten Verein zuzubilligende Übergangsfrist für die Vorbereitung und Umsetzung der im Anschluss an die Freiset­zungsphase zu treffenden Entscheidungen wäre inzwischen abgelaufen.

Keine Rechtfertigung für einen Aufschub der Entscheidung über Fortgang des Projekts

Soweit der beklagte Verein zuletzt mitgeteilt habe, es sei noch nicht absehbar, wann die Freiset­zungsphase beendet sei, könne der Senat dieser Einschätzung nicht folgen. Sie stünde nämlich in offenem Widerspruch zu vorangegangenen Äußerungen des Vereins in den Jahren 2014 und 2016, wonach die Freiset­zungsphase erfolgreich abgeschlossen gewesen sei. Außerdem sei sie mit der weiteren Vorgehensweise der Projekt­be­tei­ligten, die über eine die Freiset­zungsphase offiziell ablösende “Übergangsphase“ und damit das weitere Schicksal des Projekts beraten sollen, sowie objektiven Umständen – wie die inzwischen vergangene Zeit von mehr als acht Jahren seit der Freilassung der Wisente am 11.04.2013 – nicht in Einklang zu bringen. Gründe, warum noch ein weiterer Zeitraum zulasten der Forstwirte einzuräumen sein sollte, seien nicht ersichtlich. Allein unter­schiedliche politische Vorstellungen zu dem weiteren Schicksal des Projekts könnten eine – ggf. unbegrenzte – Ausdehnung der Entschei­dungsphase nicht rechtfertigen. Vielmehr hätte sich für alle Projekt­be­tei­ligten aufdrängen müssen, zeitnah nach den Urteilen des Bundes­ge­richtshofs vom 19.07.2019 die Beratungen zu forcieren und zu einer Entscheidung für oder gegen die Fortsetzung des Projekts zu gelangen. Dass dies – aus welchen Gründen auch immer – nicht gelungen sei, wirke sich nun zulasten des beklagten Vereins aus.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (pm/aw)

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