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Dokument-Nr. 15665

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Oberlandesgericht Hamm Beschluss17.03.1969

OLG Hamm: Erscheinen vor Gericht mit ordentlicher Arbeitskleidung begründet keine Ordnungsstrafe wegen ungebührlichen VerhaltensOrdentliche Arbeitskleidung verletzt nicht Würde des Gerichts

Erscheint ein Angeklagter mit ordentlicher Arbeitskleidung vor Gericht, so verletzt er nicht die Würde des Gerichts. Die Verhängung einer Ordnungsstrafe wegen ungebührlichen Verhaltens (§ 178 GVG) wäre daher unzulässig. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Hamm hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall erschien der Angeklagte zur Haupt­ver­handlung in ordentlicher und sauberer Arbeitskleidung. Das Amtsgericht sah darin ein ungebührliches Verhalten und verhängte gegen den Angeklagten eine Ordnungsstrafe in Höhe von 50 DM. Dieser behauptete, er sei von der Arbeit gekommen und habe es nicht anders einrichten können. Jedenfalls verletze eine saubere Arbeitskleidung nicht die Würde des Gerichts. Er legte daher Beschwerde ein.

Ordnungsstrafe wegen Ungebühr war unzulässig

Das Oberlan­des­gericht Hamm entschied zu Gunsten des Angeklagten. Die Verhängung der Ordnungsstrafe wegen Ungebühr sei unzulässig gewesen. Eine Ungebühr liege vor, wenn die Würde des Gerichts und des gerichtlichen Verfahrens oder die Ruhe und Ordnung der Verhandlung durch einen Verhand­lungs­teil­nehmer oder Zuhörer erheblich verletzt werde. Was gebührlich sei, setzte sich daraus zusammen, was die Gesellschaft als geschriebene oder ungeschriebene Regeln annimmt, beachtet und zur Beachtung aufgibt.

Äußeres Erschei­nungsbild kann Würde des Gerichts verletzen

Das äußere Erschei­nungsbild eines Verhand­lungs­teil­nehmers oder Zuhörers in ungebührlicher Weise könne nach Auffassung des Gerichts die Würde des Gerichts verletzen. Dies werde zum Beispiel angenommen, wenn jemand auffällig verkleidet, unziemlich bekleidet oder sogar nackt erscheint. Zu berücksichtigen sei dabei vor allem, ob der Betreffende sich extra für den Gerichtstermin hergerichtet hat, also bewusst aus dem Rahmen fallen will, oder ob er immer so zu erscheinen pflegt.

Keine übersteigerten Anforderungen am äußeren Erschei­nungsbild

Die Richter waren der Ansicht, dass keine übersteigerten, an den Anschauungen früherer Zeiten orientierten Anforderungen an dem äußeren Erschei­nungsbild zu stellen sind. Orientiere man sich demgegenüber an liberalen, einer modernen und freiheitlichen Demokratie angemessenen Maßstäben, könne das Erscheinen in Arbeits- oder Berufskleidung nicht von vornherein und ohne weiteres als ungebührlich angesehen werden. Dies gelte vor allem in Anbetracht dessen, dass in dem Erscheinen eines Polizeibeamten, Soldaten oder Feuerwehrmanns in ihrer Uniform bzw. Dienstkleidung kein ungebührliches Verhalten gesehen wird. Eine Ungebühr könne hingegen dann vorliegen, wenn ein Verfah­rens­be­tei­ligter oder Zuhörer in verschmutzter Arbeitskleidung erscheint, ohne dass er einen hinreichenden Grund dafür benennen kann. Ein solcher Fall habe hier jedoch nicht vorgelegen.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (zt/NJW 1969, 1919/rb)

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