21.11.2024
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Dokument-Nr. 4278

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Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss08.05.2007

Das Tragen einer Mütze vor Gericht kann 200 € kostenWeigerung des Entfernens verletzt die Würde des Gerichts

Der erste Strafsenat des Oberlan­des­ge­richts Stuttgart hat entschieden, dass ein Ordnungsgeld gegen einen Angeklagten gerechtfertigt ist, der sich trotz ausdrücklicher Aufforderung des Richters weigert, eine Schildmütze vom Kopf abzunehmen.

Der 34 Jahre alte Angeklagte erschien zur Haupt­ver­handlung vor dem Amtsgericht mit einer Schildmütze auf dem Kopf. Der Vorsitzende des Schöf­fen­ge­richts forderte den Angeklagten auf, die Mütze abzunehmen. Das verweigerte er. Nach Androhung eines Ordnungsgelds, das auch die Staats­an­walt­schaft beantragt hatte, nahm der Angeklagte die Mütze kurze Zeit ab, setzte sie danach aber wieder auf und nahm sie dann nicht mehr ab. Das Amtsgericht verhängte daraufhin ein Ordnungsgeld in Höhe von 200,-- €, ersatzweise 4 Tage Ordnungshaft. Die hiergegen zum Oberlan­des­gericht Stuttgart eingelegte Beschwerde hatte keinen Erfolg.

Nach Auffassung des Senats stellt das Erscheinen in der Haupt­ver­handlung mit einer Schildmütze keine Ungebühr im Sinne des Gesetzes dar. Denn es sei vor allem unter Jugendlichen üblich geworden, auch in geschlossenen Räumen eine Schildkappe, Kapuze oder Wollmütze auf dem Kopf zu behalten. Ebenso wie das Erscheinen in Freizeit­kleidung, Berufskleidung, kurzen Hosen, "bauchfreien" Shirts u. ä. verletze das Erscheinen vor Gericht mit einer Schildkappe allein nicht die Würde des Gerichts.

Allerdings stelle die provokative Weigerung des Angeklagten, seine Schildmütze ohne nachvoll­ziehbare Begründung abzunehmen, einen erheblichen Angriff auf die Würde des Gerichts und damit eine Ungebühr im Sinne des § 178 Gerichts­ver­fas­sungs­ge­setzes dar. Eine derartige Aufmachung eines Verfah­rens­be­tei­ligten oder Zeugen in einer Gerichts­ver­handlung erscheine nämlich unangemessen, sofern der Betreffende seine Kopfbedeckung nicht wegen gesund­heit­licher, religiöser, kosmetischer oder sonstiger nachvoll­ziehbarer Gründe erklären könne. Die Aufforderung des Schöf­fen­ge­richts­vor­sit­zenden, die Schildmütze abzunehmen, sei daher nicht zu beanstanden.

Erläuterungen

§ 178 Gerichts­ver­fas­sungs­gesetz (GVG) lautet:

Absatz 1:

1 Gegen Parteien, Beschuldigte, Zeugen, Sachverständige oder bei der Verhandlung nicht beteiligte Personen, die sich in der Sitzung einer Ungebühr schuldig machen, kann vorbehaltlich der straf­ge­richt­lichen Verfolgung ein Ordnungsgeld bis zu eintausend Euro oder Ordnungshaft bis zu einer Woche festgesetzt und sofort vollstreckt werden.

2 Bei der Festsetzung von Ordnungsgeld ist zugleich für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zu bestimmen, in welchem Maße Ordnungshaft an seine Stelle tritt.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Stuttgart vom 23.05.2007

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