21.11.2024
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Oberlandesgericht Hamm Urteil20.05.2014

Heilmit­tel­werbung für umstrittene kinesiologische Behandlungen unzulässigWerbung ist ohne Darstellung von Gegenmeinungen irreführend

Kinesiologische Behandlungs­verfahren dürfen nicht mit fachlich umstrittenen Wirkungsangaben beworben werden, wenn in der Werbung die Gegenmeinung nicht erwähnt wird. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm und bestätigte damit das erstin­sta­nzliche Urteil des Landgerichts Münster.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Beklagte aus dem westlichen Münsterland bietet so genannte "begleitende Kinesiologie" und "Edu-Kinestetik-BrainGym®" an. Ihre Angebote bewarb sie im Internet in Bezug auf das Behand­lungs­ver­fahren "Kinesiologie" u.a. mit den Äußerungen:

"Auf sanfte Art werden die Selbst­hei­lungs­kräfte aktiviert; [...]

Unterstützung oder Beschleunigung des Genesungs­pro­zesses; [...] Linderung bei körperlichen Beschwerden; [...]

Hilfe bei Allergien, Unver­träg­lich­keiten und toxischen Belastungen; [...]

mit dem Anwen­dungs­gebiet [...] Narbenstörungen, [...] Migräne, [...] Rückenschmerzen, [...] Verdau­ungs­probleme, [...] Menstrua­ti­o­ns­schmerzen, [...] Entgiftung, [...] Burnout, [...] Schlafstörungen, [...] Nervosität, [...] Depressionen, [...]

mit sanftem Druck wird der Muskeltonus, zum Beispiel am Arm, getestet. So erfahren wir, wo und wie der natürliche Energiefluss im Körper beeinträchtigt wird [...] Kinesiologische Balancen bauen Stress ab und regen die Selbst­hei­lungs­kräfte an [...]"

Das kinesiologische Verfahren "Edu-Kinestetik-BrainGym®" beschrieb sie u.a. mit

"Auflösung von Energieblo­ckaden zwischen beiden Gehirnhälften".

Wettbe­wer­bs­verein sieht in Werbeaussagen irreführende Heilmit­tel­werbung

Der klagende Wettbe­wer­bs­verein aus Berlin war der Auffassung, dass die Werbeaussagen der Beklagten eine irreführende Heilmittelwerbung darstellen. Die Kinesiologie und ihre Varianten seien zu Diagnosezwecken ungeeignet und in ihrer therapeutischen Wirksamkeit nicht belegt. Von der Beklagten hat er die Unterlassung der Werbung begehrt.

OLG untersagt irreführende Internetwerbung

Die Unter­las­sungsklage des Klägers hatte Erfolg. Das Oberlan­des­gericht Hamm hat der Beklagten die streit­ge­gen­ständliche Internetwerbung als irreführende und damit unzulässige Heilmit­tel­werbung untersagt.

Angebotene Leistungen suggerieren Linderung von Krankheiten

Auch wenn die Beklagte mit den Äußerungen keine Heilung von Krankheiten allein durch die Anwendung der (begleitenden) Kinesiologie in Aussicht stelle, suggerierten die Aussagen, dass die angebotenen Leistungen als Ergänzung bzw. Unterstützung einer medizinischen/therapeutischen Behandlung zur Linderung von Krankheiten, Leiden bzw. krankhaften Beschwerden beitragen könnten.

Gesund­heits­be­zogene Werbeaussagen müssen wissen­schaftlich gesicherten Erkenntnissen entsprechen

Nach dem Heilmittelwerbegesetz unterlägen gesund­heits­be­zogene Werbeaussagen strengen Anforderungen. Sie müssten wissen­schaftlich gesicherten Erkenntnissen entsprechen. Gebe es diese nicht, sei es unter anderem unzulässig, wenn mit einer fachlich umstrittenen Meinung geworben werde, ohne die Gegenmeinung zu erwähnen. Die Wirkungs­mög­lich­keiten kinesio­lo­gischer Behandlungen seien wissen­schaftlich umstritten. Da die Beklagte bei ihrer Internetwerbung auf die die Wirksamkeit der Kinesiologie infrage stellende wissen­schaftliche Gegenmeinung nicht hingewiesen habe, müsse sie beweisen, dass ihre Werbeaussagen richtig seien und gesicherter wissen­schaft­licher Erkenntnis entsprächen. Diesen Nachweis habe sie nicht geführt. Deswegen sei ihre Werbung unzulässig.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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