21.11.2024
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Oberlandesgericht Hamm Urteil07.03.2017

Onlinehandel: Nikotinfreie Aromastoffe für E-Zigaretten dürfen ohne Alters­be­schränkung vertrieben werdenAuch Kinder dürfen "Aroma Gummibärchen" über Internet­handels­plattform erwerben

Das Oberlan­des­gericht Hamm hat entschieden, dass nikotinfreie Aromastoffe für E-Zigaretten und E-Shishas im Onlinehandel ohne Alters­be­schränkung vertrieben werden dürfen.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die klagende Gesellschaft aus Lünen und der Beklagte aus Bünde handeln über das Internet u.a. mit Liquids und Aromen für E-Zigaretten. Die zum Dampfen benötigten Liquids werden als Basisliquids oder Fertig­mi­schungen angeboten. Den Basisliquids, die Nikotin enthalten können, aber nicht müssen, können je nach Geschmack Aromastoffe zugegeben werden. Ein solches nikotinfreies "Aroma Gummibärchen" bot der Beklagte über eine Inter­net­han­dels­plattform zum Verkauf an. Ausweislich der Artikel­be­schreibung ist das Aroma u.a. zum Kochen und Backen, zur Verfeinerung von Getränken und zur Aromatisierung von E-Liquids geeignet. Diese Aromastoffe versandte der Beklagte ohne Alters­ve­ri­fi­kation, was die Klägerin anlässlich eines Testkaufs ermittelte.

Klägerin rügt Verstoß gegen das Jugend­schutz­gesetz

Nach Ansicht der Klägerin verstieß das Angebot des Beklagten gegen § 10 Abs. 3, Abs. 4 des Jugend­schutz­ge­setzes, wonach E-Zigaretten und deren Zubehör - als solches vertreibe der Beklagte den Aromastoff - nur nach Alters­ve­ri­fi­kation verkauft und versandt werden dürften. Der Beklagte war der Auffassung, ein handelsübliches Lebens­mit­telaroma zu vertreiben, das ohne Alters­be­schränkung abgesetzt werden dürfe.

Angebot und Versand von Aromastoffen für E-Zigaretten wird nicht durch Jugend­schutz­gesetz beschränkt

Die wettbe­wer­bs­rechtliche Unter­las­sungsklage der Klägerin blieb erfolglos. Ebenso wie das Landgericht Bochum entschied das Oberlan­des­gericht Hamm, dass das Angebot und der Versand der infrage stehenden Aromastoffe für E-Zigaretten nicht durch § 10 Abs. 3, Abs. 4 Jugend­schutz­gesetz beschränkt wird. § 10 Abs. 3 Jugend­schutz­gesetz schütze Kinder und Jugendliche vor Tabakwaren, anderen nikotinhaltigen Erzeugnissen und deren Behältnissen, die an sie im Versandhandel weder angeboten noch abgegeben werden dürften, so das Gericht. § 10 Abs. 4 Jugend­schutz­gesetz erstrecke das Verbot auf nikotinfreie Erzeugnisse wie elektronische Zigaretten oder elektronische Shishas, in denen Flüssigkeit durch ein elektronisches Heizelement verdampft und die entstehenden Aerosole mit dem Mund eingeatmet würden, sowie auf deren Behältnisse.

Vertriebene Aromastoffe fallen nicht unter Verbotsnorm

Der im vorliegenden Fall allein in Betracht kommenden Verbotsnorm des § 10 Abs. 4 Jugend­schutz­gesetz unterfielen nur E-Zigaretten und E-Shishas, nicht aber der vom Beklagten vertriebene Aromastoff. Auch die Behältnisse mit diesem Aromastoff würden von dem Verbot nicht erfasst. Nach dem Geset­zes­wortlaut regle die Vorschrift nur den Umgang mit solchen Behältnissen, in denen elektronische Zigaretten und Shishas aufbewahrt würden, und nicht den Umgang mit Behältnissen für Aromastoffe. Nach der Geset­zes­be­gründung seien Nachfüll­be­hälter zwar auch Behältnisse im Sinne der Vorschrift. Hierunter fielen nach der Geset­zes­sys­tematik jedoch allenfalls Nachfüll­be­hälter mit sogenannten E-Liquids, die als Basisliquid oder Fertig­mi­schungen zum Nachfüllen der E-Zigaretten und E-Shishas verwendet werden könnten. Der Gesetzeszweck erfordere hier auch keine weitergehende Auslegung: Jugendliche und Kinder würden bereits dadurch vor Gesund­heits­risiken geschützt, dass die zum bestim­mungs­gemäßen Gebrauch der nikotinfreien Erzeugnisse unerlässlichen Elemente der Alters­ve­ri­fi­kation unterlägen.

§ 10 Abs. 3 und Abs. 4 Jugend­schutz­gesetz lauten wie folgt:

(3) Tabakwaren und andere nikotinhaltige Erzeugnisse und deren Behältnisse dürfen Kindern und Jugendlichen weder im Versandhandel angeboten noch an Kinder und Jugendliche im Wege des Versandhandels abgegeben werden.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten auch für nikotinfreie Erzeugnisse, wie elektronische Zigaretten oder elektronische Shishas, in denen Flüssigkeit durch ein elektronisches Heizelement verdampft und die entstehenden Aerosole mit dem Mund eingeatmet werden, sowie für deren Behältnisse.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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