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- Abgabe von Tabakwaren an Jugendliche kann zum Entzug der Gewerbeerlaubnis wegen Unzuverlässigkeit führenVerwaltungsgericht Gießen, Beschluss29.04.2013, 8 L 326/13.GI
- VG Frankfurt (Oder): In-Verkehr-Bringen von Nikotindepots "E-Liquids" vorläufig verbotenVerwaltungsgericht Frankfurt (Oder), Beschluss14.10.2011, VG 4 L 191/11
Oberlandesgericht Hamm Urteil07.03.2017
Onlinehandel: Nikotinfreie Aromastoffe für E-Zigaretten dürfen ohne Altersbeschränkung vertrieben werdenAuch Kinder dürfen "Aroma Gummibärchen" über Internethandelsplattform erwerben
Das Oberlandesgericht Hamm hat entschieden, dass nikotinfreie Aromastoffe für E-Zigaretten und E-Shishas im Onlinehandel ohne Altersbeschränkung vertrieben werden dürfen.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die klagende Gesellschaft aus Lünen und der Beklagte aus Bünde handeln über das Internet u.a. mit Liquids und Aromen für E-Zigaretten. Die zum Dampfen benötigten Liquids werden als Basisliquids oder Fertigmischungen angeboten. Den Basisliquids, die Nikotin enthalten können, aber nicht müssen, können je nach Geschmack Aromastoffe zugegeben werden. Ein solches nikotinfreies "Aroma Gummibärchen" bot der Beklagte über eine Internethandelsplattform zum Verkauf an. Ausweislich der Artikelbeschreibung ist das Aroma u.a. zum Kochen und Backen, zur Verfeinerung von Getränken und zur Aromatisierung von E-Liquids geeignet. Diese Aromastoffe versandte der Beklagte ohne Altersverifikation, was die Klägerin anlässlich eines Testkaufs ermittelte.
Klägerin rügt Verstoß gegen das Jugendschutzgesetz
Nach Ansicht der Klägerin verstieß das Angebot des Beklagten gegen § 10 Abs. 3, Abs. 4 des Jugendschutzgesetzes, wonach E-Zigaretten und deren Zubehör - als solches vertreibe der Beklagte den Aromastoff - nur nach Altersverifikation verkauft und versandt werden dürften. Der Beklagte war der Auffassung, ein handelsübliches Lebensmittelaroma zu vertreiben, das ohne Altersbeschränkung abgesetzt werden dürfe.
Angebot und Versand von Aromastoffen für E-Zigaretten wird nicht durch Jugendschutzgesetz beschränkt
Die wettbewerbsrechtliche Unterlassungsklage der Klägerin blieb erfolglos. Ebenso wie das Landgericht Bochum entschied das Oberlandesgericht Hamm, dass das Angebot und der Versand der infrage stehenden Aromastoffe für E-Zigaretten nicht durch § 10 Abs. 3, Abs. 4 Jugendschutzgesetz beschränkt wird. § 10 Abs. 3 Jugendschutzgesetz schütze Kinder und Jugendliche vor Tabakwaren, anderen nikotinhaltigen Erzeugnissen und deren Behältnissen, die an sie im Versandhandel weder angeboten noch abgegeben werden dürften, so das Gericht. § 10 Abs. 4 Jugendschutzgesetz erstrecke das Verbot auf nikotinfreie Erzeugnisse wie elektronische Zigaretten oder elektronische Shishas, in denen Flüssigkeit durch ein elektronisches Heizelement verdampft und die entstehenden Aerosole mit dem Mund eingeatmet würden, sowie auf deren Behältnisse.
Vertriebene Aromastoffe fallen nicht unter Verbotsnorm
Der im vorliegenden Fall allein in Betracht kommenden Verbotsnorm des § 10 Abs. 4 Jugendschutzgesetz unterfielen nur E-Zigaretten und E-Shishas, nicht aber der vom Beklagten vertriebene Aromastoff. Auch die Behältnisse mit diesem Aromastoff würden von dem Verbot nicht erfasst. Nach dem Gesetzeswortlaut regle die Vorschrift nur den Umgang mit solchen Behältnissen, in denen elektronische Zigaretten und Shishas aufbewahrt würden, und nicht den Umgang mit Behältnissen für Aromastoffe. Nach der Gesetzesbegründung seien Nachfüllbehälter zwar auch Behältnisse im Sinne der Vorschrift. Hierunter fielen nach der Gesetzessystematik jedoch allenfalls Nachfüllbehälter mit sogenannten E-Liquids, die als Basisliquid oder Fertigmischungen zum Nachfüllen der E-Zigaretten und E-Shishas verwendet werden könnten. Der Gesetzeszweck erfordere hier auch keine weitergehende Auslegung: Jugendliche und Kinder würden bereits dadurch vor Gesundheitsrisiken geschützt, dass die zum bestimmungsgemäßen Gebrauch der nikotinfreien Erzeugnisse unerlässlichen Elemente der Altersverifikation unterlägen.
§ 10 Abs. 3 und Abs. 4 Jugendschutzgesetz lauten wie folgt:
(3) Tabakwaren und andere nikotinhaltige Erzeugnisse und deren Behältnisse dürfen Kindern und Jugendlichen weder im Versandhandel angeboten noch an Kinder und Jugendliche im Wege des Versandhandels abgegeben werden.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten auch für nikotinfreie Erzeugnisse, wie elektronische Zigaretten oder elektronische Shishas, in denen Flüssigkeit durch ein elektronisches Heizelement verdampft und die entstehenden Aerosole mit dem Mund eingeatmet werden, sowie für deren Behältnisse.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 28.04.2017
Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online
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