21.11.2024
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Oberlandesgericht Hamm Urteil06.01.2017

Gleichzeitiges Ehe­scheidungs­verfahren vor deutschem Familiengericht und Scharia-Gericht im Libanon unmöglichDeutschem Ehe­scheidungs­verfahren steht Einwand der doppelten Rechts­hän­gigkeit entgegen

Das Oberlan­des­gericht Oldenburg hat entschieden, dass Ehe­scheidungs­verfahren nicht gleichzeitig vor einem deutschen Familiengericht und vor einem Scharia-Gericht im Libanon betrieben werden können.

Die verfah­rens­be­tei­ligten Eheleute, der 28 Jahre alte Ehemann und die 24 Jahre alte Ehefrau, stammen aus dem Libanon. Im Oktober 2009 schlossen sie die Ehe vor einem sunnitischen Scharia-Gericht im Libanon. Anschließend lebten die Eheleute in Deutschland. Nach der Geburt einer Tochter im November 2013 trennten sich die Eheleute im Juli 2014. Im April 2015 beantragte die Ehefrau die Ehescheidung wegen nachgewiesenen Verschuldens des Ehemanns ("al tafreeq") und die Leistung einer Abendgabe beim zuständigen Scharia-Gericht in Jiyeh (Libanon). Im September 2015 stellte sie einen Scheidungsantrag beim Amtsgericht Herne (Familiengericht), aufgrund dessen Zustellung an den Ehemann im Dezember 2015 ein deutsches Schei­dungs­ver­fahren rechtshängig wurde. In diesem hat der Ehemann die Zurückweisung des Schei­dungs­antrags beantragt, weil er nicht geschieden werden wolle und im Libanon zu Unrecht auf Zahlung einer Abendgabe verklagt worden sei.

Amtsgericht spricht beantragte Scheidung aus

Nachdem die Ehefrau bei ihrer Anhörung durch das Familiengericht Herne im Mai 2016 angegeben hatte, im Libanon laufe noch ein Verfahren auf "Trennung und Zahlung der Brautgabe", sprach das Familiengericht die beantragte Scheidung aus und ordnete die Durchführung des Versor­gungs­aus­gleichs an. Die gegen diesen Beschluss eingelegte Beschwerde des Ehemanns war - vorläufig - erfolgreich.

Deutsches Eheschei­dungs­ver­fahren kann erst nach Abschluss des Ehescheidungs- und Morgen­ga­be­ver­fahrens im Libanon fortgesetzt werden

Das Oberlan­des­gericht Hamm hob den erstin­sta­nz­lichen Beschluss auf und wies das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung unter Berück­sich­tigung der Rechts­auf­fassung des Oberlan­des­gericht an das Familiengericht Herne zurück. Dem deutschen Eheschei­dungs­ver­fahren stehe ein Verfah­rens­hin­dernis entgegen, der den angefochtenen Beschluss unzulässig mache, so das Gericht. Die Ehefrau sei beim Abschluss der mündlichen Verhandlung vor dem deutschen Familiengericht aus prozessualen Gründen daran gehindert gewesen, einen zulässigen und wirksamen Schei­dungs­antrag zu stellen. Zwar seien das deutsche Familiengericht und ihm folgend der Senat für Schei­dungs­ver­fahren wie das vorliegende grundsätzlich international zuständig und auch befugt, eine nach dem Scharia-Recht im Libanon geschlossene Ehe zu scheiden. Hieran seien das Familiengericht und der Senat indes im vorliegenden Fall aufgrund des parallelen, von der Ehefrau im Libanon vor dem Scharia-Gericht anhängig und rechtshängig gemachten Ehescheidungs- und Morgen­ga­be­ver­fahrens gehindert. Die Überprüfung der zu diesem Verfahren vorgelegten Urkunden habe ergeben, dass die Ehefrau in dem Verfahren ebenfalls die Scheidung begehre und das Schei­dungs­ver­fahren vor dem Scharia-Gericht früher durch Zustellung des Antrags an den Ehemann rechtshängig geworden sei als das deutsche Schei­dungs­ver­fahren. Dem deutschen Eheschei­dungs­ver­fahren stehe deswegen der Einwand der doppelten Rechts­hän­gigkeit entgegen. Es sei auszusetzen und könne erst nach dem Abschluss des Ehescheidungs- und Morgen­ga­be­ver­fahrens im Libanon fortgesetzt werden.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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