Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 2001 wurde ein 16jähriges Mädchen mehrmals in der Sendung TV Total aufgrund ihres Namens in die Nähe der Pornobranche gerückt.
Der Moderator Stefan Raab hatte mehrfach einen Fernsehausschnitt verwendet, in dem die damals 16-jährige Lisa Loch bei der Wahl zur "Miss Rhein-Ruhr" zu sehen war. Einen Fernsehspot, in dem sich die Klägerin mit den Worten "Mein Name ist Lisa Loch und ich bin 16 Jahre alt" für einen anderen Schönheitswettbewerb vorstellte, kommentiert Raab in der Sendung vom 11.12.2001 u.a. mit den Worten: " ... Man muss doch heute nicht L.... L.... heißen. So was kann man doch notariell ändern lassen, ... ... Toller Name, auch wenn man ins Pornogeschäft einsteigen will. Der neue Film mit L... L..., hallöchen". Zwischendurch wurde in der Sendung Gelächter und ein Standbild der Klägerin eingeblendet.
In verschiedenen anderen Ausgaben der Sendung nahm Raab immer wieder auf L. L. Bezug. In der Sendung vom 8.5.2002 veröffentlichte der Moderator unter anderem ein Wahlplakat der fiktiven "Lisa-Loch-Partei", auf dem ein kopulierendes Paar abgebildet war.
Die Klägerin sah sich dadurch in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt und klagte gegen Stefan Raab, den Produzenten der Sendung sowie Pro7 auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 300.000 Euro. Das Landgericht Essen sprach ihr eine Entschädigung in Höhe von insgesamt 22.000 Euro zu. Gegen diese Entscheidung legten sämtliche Prozessparteien Berufung ein.
Das Oberlandesgericht Hamm führte zum Fall aus, dass die betreffenden Beiträge über die Klägerin als Satire vom Grundrecht der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) umfasst seien. In diesem Zusammenhang sei es unerheblich gewesen, dass die Beiträge zu Unterhaltungszwecken dienten und anstößig waren. Die Kunstfreiheit gelte jedoch nicht uneingeschränkt. Vielmehr finde sie ihre Grenzen im allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Betroffenen. Im Einzelfall sei eine Abwägung dahingehend zu treffen, ob die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts derart schwerwiegt, dass die Kunstfreiheit dahinter zurücktreten muss. Dies sei hier der Fall gewesen.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sei die Klägerin schwerwiegend in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden. Es sei zu beachten gewesen, dass die Klägerin minderjährig war und lediglich wegen eines harmlosen Satzes in einem Kurzinterview wiederholt schwerwiegend diffamiert wurde. Sie sei durch die Sendung gezielt lächerlich gemacht worden.
Aufgrund der gezielten Herabwürdigung der Klägerin zu Unterhaltungszwecken und zur Gewinnerzielung erachtete das Oberlandesgericht eine Entschädigung in Höhe von 70.000 Euro für angemessen. Dabei verwies das Gericht darauf, dass gerade die Persönlichkeit von Minderjährigen eines besonderen Schutzes bedarf. Durch die wiederholten Beiträge sei die Klägerin dem Gespött ihrer Mitschüler und der Öffentlichkeit ausgesetzt gewesen, sie habe obszöne anonyme Anrufe bekommen und Spottgesänge ertragen müssen. Zudem sei eine therapeutische Behandlung erforderlich gewesen.
Das OLG Hamm ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu. Die Verfahrensbeteiligten hatten deshalb gegen die Entscheidung des OLG Hamm eine Nichtzulassungbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt (BGH). Dieser wies die Beschwerde wegen "fehlender grundsätzlicher Bedeutung" zurück (Beschluss vom 21. Dezember 2004, VI ZR 95/04). Damit ist das Urteil des OLG Hamm rechtskräftig.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 23.02.2015
Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (vt/rb)