21.11.2024
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Oberlandesgericht Hamm Urteil30.10.2014

Verkäufer ist bei unberechtigt abgebrochener eBay-Auktion schadens­ersatz­pflichtigVeräußerung des angebotenen Gegenstandes parallel zur eBay-Auktion berechtigt nicht zur Rücknahme des eBay-Angebots

Bricht ein Verkäufer seine eBay-Auktion grundlos ab, schuldet er demjenigen Schadensersatz, der mit seinem Höchstgebot nicht zum Zuge kommt. Das kann auch dann gelten, wenn sich der Höchstbietende als sogenannter "Abbruchjäger" an der eBay-Auktion beteiligt haben sollte. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm und bestätigte insoweit das erstin­sta­nzliche Urteil des Landgerichts Bielefeld.

Die Beklagte des zugrunde liegenden Streitfalls, eine Gewer­be­treibende aus dem Kreis Minden- Lübbecke, stellte im September 2011 einen gebrauchten Gabelstapler mit einem Startpreis von 1 Euro in der Internetauktion des Anbieters eBay zum Verkauf ein. Mit einem Maximalbetrag von 345 Euro beteiligte sich der im Landkreis Wittenberg in Sachsen-Anhalt ansässige Kläger an der Auktion. Nachdem die Beklagte den Gabelstapler während der noch laufenden eBay-Auktion für 5.355 Euro anderweitig veräußert hatte, brach sie die Auktion ab. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger mit einem Betrag von 301 Euro Höchstbietender.

Kläger verlangt wegen Nichterfüllung des Vertrages Schadensersatz

Der Kläger verlangte daraufhin von der Beklagten wegen der Nichterfüllung des nach seiner Auffassung mit der Beklagten abgeschlossenen Kaufvertrages Schadensersatz.

OLG bejaht Zustandekommen eines Kaufvertrages

Das Schaden­s­er­satz­be­gehren des Klägers war erfolgreich. Das Oberlan­des­gericht Hamm hat dem Kläger 5.054 Euro zugesprochen. Zwischen den Parteien sei ein Kaufvertrag zustande gekommen, der die Beklagte verpflichte, dem Kläger den von ihr angebotenen Gabelstapler gegen Zahlung von 301 Euro zu liefern. Ein verbindliches Verkaufsangebot habe die Beklagte abgegeben, indem sie den Gabelstapler auf der Webseite von eBay zur Versteigerung inserierte und die Internetauktion startete. Ihr Vertragspartner sei der Kläger geworden, weil er innerhalb der Laufzeit der Option das höchste Angebot abgegeben habe.

Hinweise auf Abgabe des Kaufangebots nur zum Schein oder zum Scherz nicht ersichtlich

Entgegen der Einschätzung der Beklagten sei am Rechts­bin­dungs­willen des Klägers nicht zu zweifeln. Dass er den Gabelstapler zum Preis von bis zu 345 Euro abgenommen hätte, habe der Kläger plausibel dargelegt. Es sei nicht anzunehmen, dass er sein Kaufangebot nur zum Schein oder zum Scherz abgegeben habe. Jeder Teilnehmer einer eBay-Auktion werde vor der Abgabe eines Gebots darauf hingewiesen, dass dieses Gebot verbindlich sei und zum Abschluss eines Kaufvertrages führen könne. Das spreche für die Verbindlichkeit der mit einem Angebot abgegebenen Erklärung. Selbst wenn man dem Kläger unterstellen wolle, dass er sich als sogenannter “Abbruchjäger“ systematisch an eBay-Auktionen beteilige, um gegebenenfalls Schaden­s­er­satz­ansprüche zu realisieren, setze auch ein solches Vorhaben gerade voraus, dass das jeweilige Höchstgebot bindend abgegeben werden solle.

Verkäufer hatte nach eBay-internen Bestimmungen kein Recht zum Widerruf des Angebots

Entscheidend sei daher, ob die Beklagte die von ihr begonnene eBay-Auktion vorzeitig habe beenden dürfen, so dass deswegen kein Kaufvertrag zustande gekommen sei. Die Beklagte, die ihr Verkaufsangebot im Rahmen der eBay-Auktion nicht als unverbindlich gekennzeichnet habe, habe nach den eBay-internen Bestimmungen allerdings kein Recht zum Widerruf ihres Angebots gehabt. Nach diesen Bestimmungen berechtige allein der Wunsch eines Verkäufers, den angebotenen Gegenstand während der laufenden Auktion losgelöst von eBay anderweitig zu veräußern, nicht zur Rücknahme des eBay-Angebots, wenn für dieses bereits Gebote abgegeben seien. Die Gebote dürften nur aus berechtigten, in den eBay-Bestimmungen geregelten Gründen gestrichen werden. Derartige Gründe habe die Beklagte im zu entscheidenden Fall nicht gehabt.

Kläger hat keine Schwä­che­si­tuation des Verkäufers ausgenutzt

Der damit zwischen den Parteien verbindlich abgeschlossene Kaufvertrag sei auch kein nichtiges Wuchergeschäft. Der Kläger habe keine Schwä­che­si­tuation der Beklagten ausgenutzt. Vielmehr sei es die Beklagte gewesen, die den Gabelstapler zum Mindest­ver­kauf­spreis von nur 1 Euro bei eBay angeboten habe.

Verkäufer ist wegen schuldhafter Nichterfüllung des Vertrages schaden­s­er­satz­pflichtig

Nachdem die Beklagte den Kaufvertrag schuldhaft nicht erfüllt habe, schulde sie dem Kläger Schadensersatz in Höhe des Wertes des Gabelstaplers. Dieser könne im vorliegenden Fall nach dem von der Beklagten anderweitig erzielten Kaufpreis bemessen werden, von dem dann bei der Schadens­be­rechnung der vom Kläger zu zahlende Betrag von 301 Euro in Abzug zu bringen sei.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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