Dokument-Nr. 26064
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- Landgericht Bielefeld, Urteil07.05.2017, 4 O 49/14
- Ungewollte Schwangerschaft: Keine Haftung des Arztes wegen unerkannter Anomalie bei PatientinOberlandesgericht Hamm, Urteil29.05.2015, 26 U 2/13
- Krankenhaus haftet bei ausreichender Information über verbleibende Versagerquote nicht für Schwangerschaft nach SterilisationOberlandesgericht Hamm, Urteil17.06.2014, 26 U 112/13
Oberlandesgericht Hamm Urteil23.02.2018
Niedriger Anti-Müller-Hormon-Wert: Gynäkologe haftet nicht für ungewollte SchwangerschaftArzt muss nach Hinweis auf geringe Aussagekraft eines AMH-Werts nicht über Erfordernis weiterer Verhütung aufklären
Ein niedriger Anti-Müller-Hormon-Wert (AMH-Wert) bewahrt eine über 40 Jahre alte Frau nicht vor einer Schwangerschaft. Weist ein Gynäkologe die Frau auf die begrenzte Aussagekraft des AMH-Wertes hin und unterlässt die Frau nach Bekanntwerden eines AMH-Wertes von weniger als ,1 die weitere Empfängnisverhütung, haftet der Gynäkologe nicht für eine spätere - ungewollte - Schwangerschaft der Frau. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin aus dem Kreis Minden-Lübbecke ist Mutter dreier vor dem Jahr 2000 geborener Kinder. Von ortsansässigen Gynäkologen verlangt sie Schadensersatz aufgrund einer ungewollten Schwangerschaft. Nach dieser brachte die Klägerin im Alter von 45 Jahren Ende des Jahres 2012 einen weiteren Sohn zur Welt.
Klägerin setzt Antibabypille ab und wird ungewollt schwanger
Nachdem die Klägerin über zehn Jahre die Antibabypille eingenommen hatte, begehrte sie im Frühjahr 2012 die Bestimmung des AMH-Wertes, wobei die Parteien darüber streiten, ob die Klägerin über die Bedeutung des Wertes zutreffend aufgeklärt wurde. Einige Wochen nach dem Gespräch über den Test erfuhr die Klägerin, dass ihr AMH-Wert unter ,1 liege und entschloss sich dazu, die Antibabypille abzusetzen. Eine andere Art der Empfängnisverhütung unterließ sie und wurde in der Folgezeit - ungewollt - schwanger.
Klägerin verlangt Schadensersatz für angeblich behandlungsfehlerhaft eingetretene Schwangerschaft
Für die aus Sicht der Klägerin behandlungsfehlerhaft eingetretene Schwangerschaft verlangt sie von den beklagten Gynäkologen ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 Euro und Ersatz von Unterhaltsschäden bis zur Volljährigkeit des Kindes.
LG und OLG verneinen fehlerhafte Behandlung der Klägerin
Die Schadensersatzklage hatte keinen Erfolg. Ebenso wie das Landgericht konnte auch das Oberlandesgericht Hamm keine fehlerhafte Behandlung der Klägerin durch die beklagten Gynäkologen feststellen. Über die Aussagekraft des AMH-Wertes sei die Klägerin nicht falsch informiert worden, so das Gericht.
Hinweis auf nicht notwendige Verhütung aufgrund eines niedrigen AMH-Wertes nicht bewiesen
Ausweislich der glaubhaften Aufzeichnungen in den Behandlungsunterlagen der Beklagten sei die Klägerin bei dem ersten Gespräch über den AMH-Test von dem sie behandelnden Gynäkologen auch auf die Unsicherheit des Tests und die Notwendigkeit weiterer Verhütung hingewiesen worden. Dass ihr zu einem späteren Zeitpunkt - bei der Bekanntgabe ihres AMH-Wertes - von einer Mitarbeiterin der Beklagten fälschlicherweise mitgeteilt worden sei, dass sie bei dem festgestellten Wert nicht mehr verhüten müsse, sei nicht bewiesen.
Entscheidung über weitere Verhütungsmaßnahmen obliegt allein der Klägerin
Die beklagten Gynäkologen seien auch nicht verpflichtet gewesen, die Klägerin von sich aus nach dem Erhalt des AMH-Wertes (erneut) über dessen geringen Aussagewert und das Erfordernis weiterer Verhütung aufzuklären. Ihre Aufklärung in dem ersten Gespräch sei ausreichend gewesen. In dieser Situation sei von einem behandelnden Gynäkologen kein weiteres eigenständiges Nachfragen bei einer Patientin zu verlangen. Die Entscheidung, ob sie weiterhin Verhütung betreiben oder diese unterlassen wolle, habe allein der Klägerin oblegen. Es sei daher ihre Sache gewesen, dem behandelnden Gynäkologen von sich aus gegebenenfalls weitere Fragen zu stellen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 20.06.2018
Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online
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