18.10.2024
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Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einer Krankenschwester im Vordergrund.
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Oberlandesgericht Hamm Urteil09.12.2014

Unzureichende Aufklärung über Wund­infektions­risiko - Keine Haftung des Krankenhauses bei mutmaßlicher Zustimmung des PatientenPatient hätte voraussichtlich auch nach hinreichender Aufklärung über Wund­infektions­risiko in Operation eingewilligt

Wird ein Patient über Wund­infektions­gefahren nicht hinreichend aufgeklärt, haften das Krankenhaus und der behandelnde Arzt nicht, wenn feststeht, dass der Patient auch bei einer ordnungsgemäßen Aufklärung in den ärztlichen Eingriff eingewilligt hätte. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm und bestätigte damit das erstin­sta­nzliche Urteil des Landgerichts Arnsberg.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der im Jahre 1967 geborene Kläger aus Brilon ließ im September 2010 im beklagten Krankenhaus in Brilon eine Nabelhernie (sogenannter Nabelbruch) ambulant operieren. Es erfolgte eine offene Nabelhernien-Operation nach Spitzy, die der mitverklagte Arzt durchführte. Wenige Tage nach der Operation trat eine Wundinfektion auf, die noch zweimal zwecks Sekundärheilung geöffnet werden musste. Der Kläger war der Auffassung, dass die Operation unter Missachtung geltender Hygie­ne­vor­schriften und zudem in der Schnittnaht nicht ordnungsgemäß ausgeführt worden sei. Außerdem sei er über Behand­lung­s­al­ter­nativen und das Wundin­fek­ti­o­ns­risiko nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Von den Beklagten hat er deswegen Schadensersatz verlangt, u.a. ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 Euro und - wegen anhaltender Bewegungs­ein­schrän­kungen - einen Haushalts­füh­rungs­schaden von monatlich ca. 110 Euro.

OLG verneint Vorliegen eines Behand­lungs­fehlers

Das Schaden­s­er­satz­be­gehren des Klägers blieb ohne Erfolg. Das Oberlan­des­gericht Hamm konnte nach dem Gutachten eines medizinischen Sachver­ständigen keinen Behandlungsfehler feststellen. Die Nabelhernien-Operation sei indiziert und ordnungsgemäß durchgeführt worden. Dass die Wundinfektion des Klägers auf einem Verstoß der Beklagten gegen Hygie­ne­standards beruhe, sei nicht bewiesen. Dass sie auf einen Krankenhauskeim zurückzuführen sei, sei spekulativ.

Verweis auf fehlende Informationen über Behand­lung­s­al­ter­nativen bleibt ohne Erfolg

Ohne Erfolg rüge der Kläger, dass er nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden sei. Über Behand­lung­s­al­ter­nativen habe er nicht aufgeklärt werden müssen, weil die gewählte Behand­lungs­methode in seinem Fall vorzugswürdig gewesen sei. Nach den Ausführungen des Sachver­ständigen wäre ein endoskopisches Verfahren mit höheren Risiken behaftet gewesen und habe keine gleichermaßen indizierte Behand­lung­s­al­ter­native dargestellt. Deswegen habe es dem Kläger nicht als Behand­lung­s­al­ter­native vorgestellt werden müssen.

Kläger kann Entschei­dungs­konflikt nicht plausibel darlegen

Unzureichend aufgeklärt worden sei der Kläger zwar über das Wundin­fek­ti­o­ns­risiko der Operation. Für eine ordnungsgemäße Aufklärung des Klägers insoweit seien die Beklagten beweisfällig geblieben. Hieraus folge aber keine Haftung der Beklagten, weil der Kläger in die Operation auch nach einer hinreichenden Aufklärung über das Wundin­fek­ti­o­ns­risiko eingewilligt hätte. Einen Entschei­dungs­konflikt habe der Kläger insoweit nicht plausibel darlegen können. Die durchgeführte Operation sei nach den Angaben des Sachver­ständigen die einzige Möglichkeit zur Behebung des Nabelbruchs gewesen, ein Abwarten hätte dazu geführt, dass sich der Bruch und die schmerzhaften Beschwerden vergrößert hätten. Angesichts des bestehenden Behand­lungs­drucks hätte sich der Kläger auch bei Kenntnis des Wundin­fek­ti­o­ns­risikos zu dem relativ kleinen ambulanten Eingriff entschlossen.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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