18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einem Arzt im Vordergrund.
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Hamm Urteil13.06.2017

Symptome eines Kompart­ment­syndroms übersehen - Patient hat Anspruch auf 50.000 Euro SchmerzensgeldPatient verliert aufgrund eines groben Behand­lungs­fehlers des Hausarztes rechten Unterarm

Zeigen sich nach einer unfallbedingten Gips­schienen­behandlung bei einem Patienten Symptome eines Kompart­ment­syndroms, muss der mit der Nachsorge betraute Hausarzt diese abklären lassen. Versäumt er dies, kann ein grober Behand­lungs­fehler vorliegen, für den dem Patienten ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 Euro zustehen kann, wenn er infolge des Arztfehlers seinen rechten Unterarm verliert. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm und änderte damit das erstin­sta­nzliche Urteil des Landgerichts Bochum ab.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der seinerzeit 48 Jahre alte Kläger aus Herne erlitt im Mai 2012 bei einem Unfall ein Anpralltrauma am rechten Unterarm. Nach der Diagnose einer Prellung des rechten Unterarms/Ellenbogens und der rechten Hand wurden diese durch eine Gipsschiene ruhig gestellt. Im Rahmen der Nachsorge durch die beklagten Hausärzte aus Herne zeigten sich ca. eine Woche nach dem Unfall am rechten Unterarm eine deutliche Schwellung, ein Hämatom und eine Bewegungs­min­derung. Zudem berichtete der Kläger über massive Schmerzen. Der behandelnde Arzt ließ seine Gipsschiene erneuern und verordnete ein Schmerzmittel. Drei Tage später suchte der Kläger die Praxis erneut auf, weil sein rechter Arm dick geschwollen und insgesamt druck­emp­findlich war. Er wurde daraufhin an einen nieder­ge­lassenen Chirurgen und von diesem noch am selben Tage in eine Klinik überwiesen, wo ein fortge­schrittenes Kompart­ment­syndrom am rechten Unterarm diagnostiziert wurde. Im Verlauf der sich anschließenden Behandlung musste der rechte Unterarm des Klägers amputiert werden.

Kläger verlangt Schmerzensgeld von Hausärzten

Mit der Begründung, dass die beklagten Hausärzte die Möglichkeit eines Kompart­ment­syndroms behand­lungs­feh­lerhaft zu spät in Betracht gezogen hätten, verlangte der Kläger Schadensersatz, unter anderem ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 Euro.

OLG bejaht groben Behand­lungs­fehler des Hausarztes

Die Klage hatte in zweiter Instanz Erfolg. Im Unterschied zum Landgericht Bochum konnte das Oberlan­des­gericht Hamm nach - weiterer - sachver­ständiger Beratung einen groben Behandlungsfehler auf Seiten der Beklagten feststellen. Der den Kläger behandelnde Hausarzt habe im Rahmen der Nachsorge ca. eine Woche nach dem Unfall die Möglichkeit eines Kompart­ment­syndroms abklären lassen müssen, so das Gericht. Zu diesem Zeitpunkt habe sich beim Kläger erstmals ein Hämatom gebildet, er habe unter massiven Schmerzen gelitten. Der rechte Arm sei geschwollen, seine Beweglichkeit sei eingeschränkt gewesen. Bei dieser Situation habe der Arzt den Kläger in Richtung auf ein Kompart­ment­syndrom befunden und ihn gegebenenfalls umgehend in chirurgische Behandlung überweisen müssen. Nach dem Ergebnis der vom Gericht durchgeführten Beweisaufnahme sei eine derartige Befundung unterblieben.

In Übereinstimmung mit dem Sachver­ständigen sei dieses Versäumnis im vorliegenden Fall als grob behand­lungs­feh­lerhaft zu bewerten. Ein Kompart­ment­syndrom sei eine schwerwiegende Erkrankung, die sogar zum Verlust von Gliedmaßen führen könne.

Notwendigkeit der Amputation ist auf fehlerhaft zu späte Behandlung des Kompart­ment­syndroms zurückzuführen

Aufgrund des groben Behand­lungs­fehlers komme dem Kläger eine Beweis­la­st­umkehr zugute. Deswegen sei davon auszugehen, dass die weiteren schwerwiegenden Behand­lungs­folgen, insbesondere die Notwendigkeit zur Amputation des rechten Unterarms, auf die fehlerhaft zu späte Behandlung des Kompart­ment­syndroms zurückzuführen seien. Der Höhe nach sei ein Schmerzensgeld von 50.000 Euro notwendig und angemessen. Der Kläger müsse sein Leben lang mit den aus der Amputation resultierenden Beein­träch­ti­gungen leben.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil24678

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI