21.11.2024
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Oberlandesgericht Hamm Urteil08.11.2013

Patient hat nach grobem zahnärztlichen Fehler bei der Befunderhebung Anspruch auf SchmerzensgeldRöntgenbild allein bietet kein ausreichendes Gesamtbild über den Zustand der Zähne

Ein Zahnarzt, den ein Patient mit Zahnbeschwerden im Ober­kiefer­front­bereich aufsucht, handelt grob fehlerhaft, wenn er den Patienten zur Befunderhebung nur röntgt und eine Vitalitäts- und Perkus­si­ons­prüfung der schmerzenden Zähne versäumt. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm.

Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die heute 64jährige Klägerin aus Wickede befand sich seit langen Jahren in der zahnärztlichen Behandlung des Beklagten aus Wickede. Anfang Dezember 2008 suchte sie den Beklagten mit Zahnbeschwerden im Oberkie­fer­front­bereich auf. Der Beklagte veranlasste eine Röntgenaufnahme. Weitere Untersuchungen der schmerzenden Zähne fanden ausweislich der Kranken­un­terlagen nicht statt. Eine bei den Zähnen vorliegende Zahnma­r­k­ent­zündung wurde erst im Februar 2009 zahnärztlich versorgt. Zwei Zähne im Oberkiefer der Patientin konnten in der Folgezeit nicht erhalten werden, sie erhielten Wurzelfüllungen. Unter Hinweis auf die nach ihrer Ansicht unzureichende zahnärztliche Versorgung hat die Klägerin vom Beklagten Schadensersatz verlangt.

Zahnarzt haftet wegen mangelnder Untersuchung für verlängerte Leidenszeit und Verlust von Zähnen der Patientin

Das sich auf den Oberkiefer beziehende Schaden­s­er­satz­ver­langen der Klägerin hatte Erfolg. Das Oberlan­des­gericht Hamm hat nach erneuter Anhörung des zahnme­di­zi­nischen Sachver­ständigen die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines Schmer­zens­geldes in Höhe von 3.500 Euro bestätigt. Dem Beklagten sei Anfang Dezember 2008 ein grober Behandlungsfehler unterlaufen, weil er es unterlassen habe, den Zustand der schmerzenden Zähne weitergehend zu untersuchen. Allein mit einem Röntgenbild erhalte man kein Gesamtbild über den Zustand der Zähne. Dokumen­ta­ti­o­ns­pflichtige Ergebnisse einer Vitali­täts­prüfung und eines Perkus­si­ons­be­fundes habe der Beklagte in den Kranken­un­terlagen nicht festgehalten, so dass für das Gericht nicht feststellbar sei, dass der Beklagte diese Untersuchungen vorgenommen habe. Allein aus dem Röntgenbild habe der Beklagte keine ausreichenden Schlüsse ziehen können, weil ein Röntgenbild erst dann Auffälligkeiten darstelle, wenn eine Entzündung bereits den Knochen angegriffen habe. Aufgrund des groben Behand­lungs­fehlers trage der Zahnarzt die Beweislast dafür, dass sich der weitere Krank­heits­verlauf auch bei richtiger Befundung und sodann erfolgter Behandlung nicht positiv geändert hätte. Diesen Nachweis könne der Beklagte nicht führen. Deswegen hafte er für die um zwei Monate verlängerte Leidenszeit der Klägerin und den Verlust von Zähnen, die eine Neuversorgung im Oberkiefer erforderlich gemacht habe.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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