Dokument-Nr. 18457
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Oberlandesgericht Hamm Urteil06.06.2014
Zu früh eingebrachte Langzeitprovisorien sind als grober zahnärztlicher Behandlungsfehler anzusehenPatientin erhält 6.000 Euro Schmerzensgeld wegen grob fehlerhafter Zahnbehandlung
Eine zahnärztliche Behandlung, die nach einer Therapie mittels Protrusionsschienen provisorischen Zahnersatz verfrüht eingliedert, kann grob behandlungsfehlerhaft sein. Dies entschied das Oberlandesgerichts Hamm und bestätigte damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Bielefeld.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die seinerzeit 37 Jahre alte Klägerin aus Bad Iburg litt an Zahn- und Kopfschmerzen, als sie sich 2003 in die Behandlung des beklagten Zahnarztes in Versmold begab. Im Juli 2003 versorgte der Beklagte die Klägerin mit einer Protrusionsschiene, um eine Kieferfehlstellung zu korrigieren. Nachdem die Beschwerden zunächst nicht nachließen, entfernte der Beklagte im Oktober 2003 die bei der Klägerin vorhandenen Amalganfüllungen und schliff die Zähne für den geplanten Einsatz von Interimszahnersatz ab. Ende Oktober 2003 setze er die Interimsbrücken ein. In der Folgezeit verstärkten sich die Zahnschmerzen der Klägerin. Die Klägerin erlitt eine Knochenentzündung im Oberkiefer, die im November 2003 stationär behandelt werden musste. Erst nach dem Entfernen der Provisorien des Beklagten verbesserte sich der Gesundheitszustand der Klägerin, bei zwischenzeitlich allerdings chronisch gewordenen Schmerzen. Vom Beklagten hat die Klägerin Schadensersatz verlangt, u.a. ein Schmerzensgeld in Höhe von 6.000 Euro.
Gutachten der zahnmedizinischen Sachverständigen belegt grob fehlerhafte Zahnbehandlung
Das Schadensersatzbegehren war erfolgreich. Das Oberlandesgericht Hamm sprach der Klägerin das begehrte Schmerzensgeld zu. Nach den Gutachten der vom Oberlandesgericht gehörten zahnmedizinischen Sachverständigen sei die Zahnbehandlung des Beklagten grob fehlerhaft gewesen. Der Beklagte habe die Klägerin provisorisch prothetisch versorgt, obwohl die Position des Unterkiefers durch die Schienentherapie noch nicht ausreichend gesichert gewesen sei. Die mit einer Schienentherapie erreichte Position sei erst dann als gesichert anzusehen, wenn der Patient mit ihr ein halbes Jahr beschwerdefrei gelebt habe. Bei der Klägerin sei das nicht der Fall gewesen, sie habe noch Anfang September 2003 über Beschwerden geklagt. Ein grober Behandlungsfehler liege vor, weil die zu fordernde Zeit der Beschwerdefreiheit so deutlich unterschritten worden sei, dass sich ein Scheitern der zahnärztlichen Bemühungen geradezu aufgedrängt habe. Der Beklagte hafte daher für die bei der Klägerin eingetretenen Schäden einschließlich ihrer Folgewirkungen, weil er den Gegenbeweis mangelnder Kausalität nicht geführt habe.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 08.07.2014
Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online
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