15.11.2024
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Oberlandesgericht Hamm Beschluss28.10.2014

Zweite Ehefrau kann Erbeinsetzung der ersten, geschiedenen Ehefrau nach Tod des Ehemanns anfechtenAnhaltspunkte für Fortbestehen des ursprünglichen Testaments nach Wieder­ver­hei­ratung des Ehemanns nicht ersichtlich

Setzt der nach Scheidung wieder­ver­heirate Ehemann in einem während seiner ersten Ehe errichteten Testament seine erste Ehefrau als Erbin ein, kann seine im Testament nicht berücksichtigte zweite Ehefrau das Testament nach dem Tode des Ehemanns regelmäßig anfechten. Dies entschied das Oberlan­des­ge­richts Hamm und änderte damit den erstin­sta­nz­lichen Beschluss des Amtsgerichts Arnsberg ab.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der 1945 geborene Erblasser aus Arnsberg heiratete 1982 seine erste Ehefrau und errichtete mit ihr im Jahre 2003 ein privat­schrift­liches gemein­schaft­liches Testament, in dem sich die Eheleute wechselseitig zum alleinigen Erben des Erstvers­ter­benden einsetzten. In einem Nachtrag vereinbarten die Eheleute, dass das Testament auch im Falle der Ehescheidung gelten sollte. Die Ehe wurde 2011 geschieden. Kurz darauf heiratete der Erblasser seine zweite Ehefrau. Mit dieser errichtete er Anfang 2012 ein notarielles Testament, in dem er u.a. seine früheren letztwilligen Verfügungen widerrief. Zu Lebzeiten des Erblassers ist das notarielle Testament aus dem Jahre 2012 der ersten Ehefrau nicht übermittelt worden. Nach dem Tode des Erblassers im Februar 2013 hat die zweite Ehefrau das Testament aus dem Jahre 2003 angefochten, weil sie als Pflicht­teils­be­rechtigte übergangen worden sei. Die erste Ehefrau hat das Testament aus dem Jahre 2003 für wirksam erachtet und die Erteilung eines sie als Alleinerbin ausweisenden Erbscheins beantragt.

OLG: Erste Ehefrau wurde nicht Erbin

Der Erbscheinantrag der ersten Ehefrau blieb erfolglos. Das Oberlan­des­gericht Hamm stellte fest, dass die erste Ehefrau nicht Erbin geworden ist, weil - so das Gericht - die zweite Ehefrau das Testament aus dem Jahre 2003 wirksam angefochten habe.

Ursprüngliches Testament wurde durch neues Testament nicht wirksam widerrufen

Das Testament aus dem Jahre 2003 sei zwar aufgrund des Nachtrags der damaligen Eheleute nicht mit der Scheidung unwirksam geworden. Auch habe es der Erblasser mit dem 2012 errichteten, neuen Testament nicht wirksam widerrufen, weil der Widerruf gegenüber der ersten Ehefrau zu erklären gewesen wäre und der Erblasser zu seinen Lebzeiten versäumt habe, seiner ersten Ehefrau den Widerruf zu übermitteln.

Zweite Ehefrau konnte erstes Testament wirksam anfechten

Die zweite Ehefrau habe das erste Testament aber wirksam angefochten. Sie habe die Anfechtung innerhalb der mit dem Tode des Erblassers beginnenden Jahresfrist erklärt. Die Anfechtung sei sachlich begründet, weil die zweite Ehefrau zur Zeit des Erbfalls eine Pflicht­teils­be­rechtigte sei, die das Testament aus dem Jahre 2003 nicht berücksichtige. Das berechtige zur Testa­ment­s­an­fechtung, weil das Gesetz vermute, dass der Erblasser den Pflicht­teils­be­rech­tigten bei Kenntnis der späteren Sachlage nicht übergangen hätte. Eine Anfechtung sei nur dann ausgeschlossen, wenn anzunehmen sei, dass der Erblasser die in Frage stehende letztwillige Verfügung auch bei Kenntnis der späteren Sachlage getroffen haben würde. Hiervon sei im vorliegenden Fall nicht auszugehen. Nach dem seinerzeit vereinbarten Nachtrag habe das Testament des Jahres 2003 nur bei der Scheidung weitergelten sollen. Dafür, dass es nach dem Willen des Erblassers auch im Falle seiner Wieder­ver­hei­ratung weitergelten sollte, gebe es keine konkreten Anhaltspunkte.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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