21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen einen Schreibtisch mit einem Tablet, einer Kaffeetasse und einem Urteil.

Dokument-Nr. 23284

Drucken
Urteil16.12.2015Oberlandesgericht Hamm11 U 5/14
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NVwZ 2016, 551Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ), Jahrgang: 2016, Seite: 551
  • ZD 2016, 439Zeitschrift für Datenschutz (ZD), Jahrgang: 2016, Seite: 439
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanz:
  • Landgericht Essen, Urteil14.11.2013, 3 O 217/13
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Hamm Urteil16.12.2015

Journalist steht Auskunfts­an­spruch gegen privates Unternehmen der Daseinsvorsorge zuPrivate Organi­sa­ti­o­nsform aufgrund Beherrschung des Unternehmens durch öffentliche Hand unerheblich

Einem Journalisten kann nach dem Pressegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen ein Anspruch auf Auskunft gegenüber einem privaten Unternehmen der Daseinsvorsorge zu stehen. Dass das Unternehmen privatrechtlich organisiert ist, spielt dann keine Rolle, wenn es durch die öffentliche Hand beherrscht wird. Ein Gericht hat zudem nicht zu überprüfen, ob der Auskunfts­an­spruch für die Berich­t­er­stattung erforderlich ist. Dies hat das Oberlan­des­gericht Hamm entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Journalist verlangte von einem Unternehmen im Form einer Aktiengesellschaft, welches im Bereich der Trinkwasser- und Energie­ver­sorgung sowie Abwas­se­r­ent­sorgung tätig war, gestützt auf dem Pressegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen Auskunft über Inhalt von Verträgen, die mit verschiedenen Dienstleistern geschlossen wurden. Diese betrieben während des Wahlkampfs zwei Blogs. Durch verschiedene Presse­ver­öf­fent­li­chungen entstand der Verdacht, dass durch die Verträge die Blogs zu Wahlkampf­zwecken indirekt finanziell unterstützt werden sollten. Das Unternehmen weigerte sich unter anderem mit Hinweis auf seine fehlende Behör­de­nei­gen­schaft, Auskunft zu erteilen. Der Journalist erhob daraufhin Klage.

Landgericht wies Klage auf Auskunft zurück

Das Landgericht Essen wies die Klage zurück. Zwar sei das Unternehmen trotz seiner privaten Organi­sa­ti­o­nsform als Behörde im Sinne des Landes­pres­se­ge­setzes anzusehen. Der Auskunftsanspruch habe aber nicht bestanden, da dieser für die Berich­t­er­stattung des Journalisten nicht erforderlich sei. Gegen diese Entscheidung legte der Journalist Berufung ein.

Oberlan­des­gericht bejahte Auskunfts­an­spruch

Das Oberlan­des­gericht Hamm entschied zu Gunsten des Journalisten und hob daher die Entscheidung des Landgerichts auf. Dem Journalisten habe gemäß § 4 Abs. 1 des Landes­pres­se­ge­setzes Nordrhein-Westfalen ein Anspruch auf Auskunft zugestanden.

Behör­de­nei­gen­schaft des privaten Unternehmens

Nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts sei das als Aktien­ge­sell­schaft organisierte Unternehmen eine Behörde im Sinn des Landes­pres­se­ge­setzes. Dem Gesetz liege ein eigenständiger Behördenbegriff zugrunde, dem auch private Unternehmen unterfallen, wenn sich die öffentliche Hand ihrer zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben bediene. Dabei sei nicht erforderlich, dass sich die private Gesellschaft vollständig in öffentlicher Hand befinde. Es genüge vielmehr, dass die Gesellschaft von der öffentlichen Hand beherrscht werde (vgl. BGH, Urt. v. 10.02.2005 - III ZR 294/04 -). Dies sei hier der Fall gewesen. Zum einen habe das Unternehmen die Aufgaben der Daseinsvorsorge und somit öffentliche Aufgaben wahrgenommen. Zum anderen sei das Unternehmen von der öffentlichen Hand als Mehrheits­ak­tionär beherrscht worden.

Auskunft dient zur Erfüllung der Berich­t­er­stattung

Die verlangte Auskunft habe der Erfüllung der Berich­t­er­stattung und somit der öffentlichen Aufgaben der Presse gedient, so das Oberlan­des­gericht. Jegliche Prüfung, ob die Auskunft erforderlich sei, verbiete sich, da andernfalls ein unzulässiger Eingriff in die Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG vorliege.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (vt/rb)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil23284

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI