18.10.2024
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Dokument-Nr. 23284

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Urteil16.12.2015Oberlandesgericht Hamm11 U 5/14
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NVwZ 2016, 551Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ), Jahrgang: 2016, Seite: 551
  • ZD 2016, 439Zeitschrift für Datenschutz (ZD), Jahrgang: 2016, Seite: 439
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Vorinstanz:
  • Landgericht Essen, Urteil14.11.2013, 3 O 217/13
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Hamm Urteil16.12.2015

Journalist steht Auskunfts­an­spruch gegen privates Unternehmen der Daseinsvorsorge zuPrivate Organi­sa­ti­o­nsform aufgrund Beherrschung des Unternehmens durch öffentliche Hand unerheblich

Einem Journalisten kann nach dem Pressegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen ein Anspruch auf Auskunft gegenüber einem privaten Unternehmen der Daseinsvorsorge zu stehen. Dass das Unternehmen privatrechtlich organisiert ist, spielt dann keine Rolle, wenn es durch die öffentliche Hand beherrscht wird. Ein Gericht hat zudem nicht zu überprüfen, ob der Auskunfts­an­spruch für die Berich­t­er­stattung erforderlich ist. Dies hat das Oberlan­des­gericht Hamm entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Journalist verlangte von einem Unternehmen im Form einer Aktiengesellschaft, welches im Bereich der Trinkwasser- und Energie­ver­sorgung sowie Abwas­se­r­ent­sorgung tätig war, gestützt auf dem Pressegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen Auskunft über Inhalt von Verträgen, die mit verschiedenen Dienstleistern geschlossen wurden. Diese betrieben während des Wahlkampfs zwei Blogs. Durch verschiedene Presse­ver­öf­fent­li­chungen entstand der Verdacht, dass durch die Verträge die Blogs zu Wahlkampf­zwecken indirekt finanziell unterstützt werden sollten. Das Unternehmen weigerte sich unter anderem mit Hinweis auf seine fehlende Behör­de­nei­gen­schaft, Auskunft zu erteilen. Der Journalist erhob daraufhin Klage.

Landgericht wies Klage auf Auskunft zurück

Das Landgericht Essen wies die Klage zurück. Zwar sei das Unternehmen trotz seiner privaten Organi­sa­ti­o­nsform als Behörde im Sinne des Landes­pres­se­ge­setzes anzusehen. Der Auskunftsanspruch habe aber nicht bestanden, da dieser für die Berich­t­er­stattung des Journalisten nicht erforderlich sei. Gegen diese Entscheidung legte der Journalist Berufung ein.

Oberlan­des­gericht bejahte Auskunfts­an­spruch

Das Oberlan­des­gericht Hamm entschied zu Gunsten des Journalisten und hob daher die Entscheidung des Landgerichts auf. Dem Journalisten habe gemäß § 4 Abs. 1 des Landes­pres­se­ge­setzes Nordrhein-Westfalen ein Anspruch auf Auskunft zugestanden.

Behör­de­nei­gen­schaft des privaten Unternehmens

Nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts sei das als Aktien­ge­sell­schaft organisierte Unternehmen eine Behörde im Sinn des Landes­pres­se­ge­setzes. Dem Gesetz liege ein eigenständiger Behördenbegriff zugrunde, dem auch private Unternehmen unterfallen, wenn sich die öffentliche Hand ihrer zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben bediene. Dabei sei nicht erforderlich, dass sich die private Gesellschaft vollständig in öffentlicher Hand befinde. Es genüge vielmehr, dass die Gesellschaft von der öffentlichen Hand beherrscht werde (vgl. BGH, Urt. v. 10.02.2005 - III ZR 294/04 -). Dies sei hier der Fall gewesen. Zum einen habe das Unternehmen die Aufgaben der Daseinsvorsorge und somit öffentliche Aufgaben wahrgenommen. Zum anderen sei das Unternehmen von der öffentlichen Hand als Mehrheits­ak­tionär beherrscht worden.

Auskunft dient zur Erfüllung der Berich­t­er­stattung

Die verlangte Auskunft habe der Erfüllung der Berich­t­er­stattung und somit der öffentlichen Aufgaben der Presse gedient, so das Oberlan­des­gericht. Jegliche Prüfung, ob die Auskunft erforderlich sei, verbiete sich, da andernfalls ein unzulässiger Eingriff in die Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG vorliege.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (vt/rb)

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