18.10.2024
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Oberlandesgericht Hamm Beschluss28.04.2017

Strafgefangener hat keinen Anspruch auf Ausbil­dungs­beihilfe für ungenehmigt aufgenommenes FernstudiumNicht jede Ausbildung eines Strafgefangenen muss finanziell unterstützt werden

Ein Strafgefangener, der ohne Genehmigung seitens der Justiz­vollzugs­anstalt ein Fernstudium aufnimmt und betreibt, hat keinen Anspruch auf Gewährung von Ausbil­dungs­beihilfe. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm und änderte damit die erstin­sta­nzliche Entscheidung des Landgerichts Bochum ab.

Der im Jahre 1977 geborene Strafgefangene des zugrunde liegenden Rechtstreits verbüßt derzeit wegen Verstoßes gegen das Betäu­bungs­mit­tel­gesetz eine mehrjährige Freiheitsstrafe in der Justiz­voll­zugs­anstalt Bochum. Im Herbst 2015 nahm er ohne Genehmigung der Justiz­voll­zugs­anstalt ein Fernstudium der Rechts­wis­sen­schaften auf. Eine ihm zugewiesene Tätigkeit in einem Unter­neh­mens­betrieb der Anstalt stellte der Strafgefangene im Januar 2016 ein, um sich seinem Studium in Vollzeit widmen zu können. Seinen Antrag, ihm eine Ausbil­dungshilfe für sein Studium zu gewähren, wies die Justiz­voll­zugs­anstalt unter Hinweis auf das nicht genehmigte Studium zurück.

LG verpflichtet Justiz­voll­zugs­anstalt zur erneuten Prüfung möglicher Ausbil­dungs­beihilfe

Die vom Strafgefangenen angerufene Straf­voll­stre­ckungs­kammer des Landgerichts Bochum verpflichtete die Justiz­voll­zugs­anstalt, den Antrag des Strafgefangenen auf Gewährung einer Ausbil­dungs­beihilfe erneut zu prüfen, wobei sie die Auffassung vertrat, dass ein selbst organisiertes Studium eines Gefangenen - soweit Ordnungs- oder Sicher­heits­belange nicht berührt seien - grundsätzlich geneh­mi­gungsfrei und zulässig sei.

OLG: Antrag auf Gewährung von Ausbil­dungs­beihilfe wurde zu Recht zurückgewiesen

Die vom Leiter der Justiz­voll­zugs­anstalt gegen die Entscheidung der Straf­voll­stre­ckungs­kammer eingelegte Rechts­be­schwerde war erfolgreich. Das Oberlan­des­gericht Hamm entschied, dass die Justiz­voll­zugs­anstalt den Antrag des Strafgefangenen auf Gewährung einer Ausbil­dungs­beihilfe zu Recht zurückgewiesen habe. Für sein in Vollzeit betriebenes Fernstudium stehe dem Gefangenen kein Anspruch auf Ausbil­dungs­beihilfe zu. Das nordrhein-westfälische Straf­voll­zugs­gesetz gewähre einem in Vollzeit studierenden Strafgefangenen nur dann eine Ausbil­dungs­beihilfe, wenn der Gefangene zum Zwecke der Ausbildung von der Arbeitspflicht freigestellt sei. Die Durchführung der Ausbildung während der üblichen Arbeitszeit müsse dabei seitens der Justiz­voll­zugs­anstalt - zumindest schlüssig - genehmigt worden sein.

Arbeit und Ausbildungen sollen gleichermaßen entlohnt werden

Nach dem nordrhein-westfälischen Straf­voll­zugs­gesetz bestehe für Strafgefangene grundsätzlich eine Arbeitspflicht. Gehe ein Gefangener einer ihm zugewiesenen Arbeit nach, habe er einen Anspruch auf Arbeitsentgelt. Da Arbeit und Ausbildung grundsätzlich gleichgestellt seien, solle derjenige, der anstelle der Arbeit eine Ausbil­dungs­maßnahme durchlaufe, ebenso entlohnt werden wie derjenige, der arbeite. Deswegen erhalte er in diesem Fall eine Ausbil­dungs­beihilfe. Die Ausbil­dungs­beihilfe solle somit sicherstellen, dass ein Gefangener, der an einer beruflichen oder schulischen Vorbildung teilnehme, nicht schlechter gestellt sei, als ein Gefangener, der ihm zugewiesene Arbeit verrichte. So solle verhindert werden, dass ein Gefangener die Aufnahme einer beruflichen oder schulischen Bildungs­maßnahme allein aus monetären Gründen ablehne. Deswegen erhalte z.B. auch ein Gefangener, der arbeitslos sei und aus eigener Initiative ein Studium aufnehme, keine Ausbil­dungs­beihilfe. Hieraus folge, dass - bei Bestehen einer Arbeitspflicht - Gefangene zum Zwecke der Teilnahme an einer Bildungs­maßnahme von der Arbeitspflicht freigestellt sein müssten und darüber hinaus ihre Teilnahme an der schulischen oder beruflichen Fortbil­dungs­maßnahme auch genehmigt sein müsse. Erst dann sei eine Ausbil­dungs­beihilfe zu zahlen.

Voraussetzungen zum Erhalt von Ausbil­dungs­beihilfe im vorliegenden Fall nicht erfüllt

Die Voraussetzungen für das Zahlen einer Ausbil­dungs­beihilfe seien im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Der betroffene Strafgefangene habe das Fernstudium aus eigener Initiative und ohne Genehmigung seitens der Justiz­voll­zugs­anstalt aufgenommen. Zudem habe er aus eigener Initiative die Arbeit niedergelegt. Auch wenn er nunmehr von der Justiz­voll­zugs­anstalt als unverschuldet arbeitslos geführt werde, stehe ihm keine Ausbil­dungs­beihilfe zu, weil auch ein arbeitsloser Strafgefangener eine solche nicht erhalten könne.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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