15.11.2024
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Oberlandesgericht Hamm Beschluss14.08.2014

Strafgefangene haben Anspruch auf täglich neue UnterwäscheAllgemeine Lebens­ver­hältnisse und Lebens­an­schauungen haben sich im Hinblick auf bisher geltende Rechtsprechung geändert

Strafgefangenen sind auf Verlangen Unterwäsche und Socken für einen täglichen Wechsel bereitzustellen. Dies entschied der 1. Strafsenat des Oberlan­des­ge­richts Hamm unter Änderung seiner früheren, aus dem Jahre 1993 stammenden Rechtsprechung.

Der 60 Jahre alte Betroffene des zugrunde liegenden Verfahrens verbüßt eine Freiheitstrafe in einer westfälischen Justizvollzugsanstalt (JVA). Seitens der JVA sind dem Betroffenen - einem Beschluss des Oberlan­des­ge­richts Hamm aus dem Jahre 1993 entsprechend - wöchentlich vier Garnituren Unterwäsche und zwei Paar Socken zur Verfügung gestellt worden. Eine Verbesserung dieser Ausstattung mit der Folge, dass ein täglicher Wechsel der Unterwäsche und der Socken möglich ist, lehnte die JVA unter Hinweis darauf ab, dass mit der zur Verfügung gestellten Ausstattung Gesundheit und Hygiene Rechnung getragen sei, zumal die Wechsel­in­tervalle im Falle einer ärztlichen Anordnung auch verkürzt werden könnten.

Unzureichende Ausstattung mit Anstalts­kleidung kann unzureichende Körperhygiene zur Folge haben

Nach Ablehnung der begehrten Mehrversorgung durch die zuständige Straf­voll­stre­ckungs­kammer des Landgerichts Arnsberg hat der Betroffene Rechts­be­schwerde eingelegt. Diese hatte Erfolg. Der 1. Strafsenat des Oberlan­des­ge­richts Hamm hat die Vollzugsbehörde angewiesen, dem Betroffenen auf sein Verlangen Unterwäsche und Socken für einen täglichen Wechsel bereitzustellen. Seit der Entscheidung aus dem Jahre 1993 hätten sich die allgemeinen Lebens­ver­hältnisse und Lebens­an­schauungen geändert. Das gebiete eine erneute Befassung mit der Frage. Dem Betroffenen sei Anstalts­kleidung im erforderlichen Maß bereit zu stellen. Er sei verpflichtet, diese zu tragen. Bereits diese Verpflichtung berühre sein Persön­lich­keitsrecht. Das gelte in besonderem Maße, wenn die Versorgung mit Kleidung - namentlich in einem unter Hygie­ne­ge­sichts­punkten besonders sensiblen Bereich - deutlich von den gesell­schaft­lichen Normvor­stel­lungen abweiche. Heutzutage gelte der tägliche Wechsel von Unterwäsche und Socken als gesell­schaftliche Norm bzw. zumindest als wünschenswert. Eine unzureichende Ausstattung mit Anstalts­kleidung könne auch eine unzureichende Körperhygiene zur Folge haben. Eine andere Handhabung laufe zudem dem vollzuglichen Ziel zuwider, dem Gefangenen zu helfen, sich nach der Haftentlassung in das Leben in Freiheit einzugliedern. Eine unzureichende Körperhygiene könne den Wiedereinstieg in das Arbeitsleben und sonstige soziale Kontakte erschweren. Aus den genannten Gründen sei es geboten, dem Betroffenen mit einem täglichen Kleiderwechsel eine Angleichung an die allgemeinen Lebens­ver­hältnisse zu ermöglichen.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

der Leitsatz

Die Vollzugsbehörde ist verpflichtet, dem Antragsteller auf dessen Verlangen Unter­wä­sche­gar­nituren und Socken in einem Maße bereitzustellen, welches einen täglichen Wechsel erlaubt.

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