Oberlandesgericht Hamburg Urteil09.11.1990
GmbH-Gesellschafter dürfen im Rahmen ihrer Treuepflicht nicht Gesellschafterversammlung boykottieren und somit Beschlussunfähigkeit herbeiführenBerufung auf Beschlussunfähigkeit wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig
Den Gesellschaftern einer GmbH ist es aufgrund ihrer Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft untersagt, eine Gesellschafterversammlung zu boykottieren, um die Beschlussunfähigkeit herbeizuführen und somit die Ernennung eines neuen Geschäftsführers zu verhindern. Beschließen die übrigen Gesellschafter trotz des nicht erreichten Quorums die Ernennung des Geschäftsführers, so ist es den boykottierenden Gesellschaftern versagt, sich auf die fehlende Beschlussfähigkeit zu berufen. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im November 1989 sollte im Rahmen der Gesellschafterversammlung einer GmbH ein neuer Geschäftsführer ernannt werden. Nach der Satzung musste für die Beschlussfähigkeit der Versammlung mindestens 60 % des Stammkapitals anwesend oder vertreten sein. Um die Ernennung des neuen Geschäftsführers zu verhindern, verließen zwei Gesellschafter die Versammlung vor deren Beginn, um die Beschlussunfähigkeit herbeizuführen. Da am Ersatztermin im Dezember 1989 die zwei boykottierenden Gesellschafter wiederum abwesend waren, ernannten die übrigen trotz Beschlussunfähigkeit den neuen Geschäftsführer. Dagegen richtete sich die Klage der boykottierenden Gesellschafter.
Berufen auf Beschlussunfähigkeit rechtsmissbräuchlich und somit unzulässig
Das Oberlandesgericht Hamburg entschied gegen die klägerischen Gesellschafter. Diese haben sich nicht auf die Beschlussunfähigkeit der Gesellschafterversammlung berufen dürfen. Insofern stehe der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen.
Boykott von Gesellschafterversammlung widerspricht Treuepflicht
Es sei zu beachten gewesen, so das Oberlandesgericht, dass die Kläger die Beschlussunfähigkeit selbst herbeigeführt haben, um somit die Ernennung des Geschäftsführers zu verhindern. Sie haben damit eine rein formale Rechtsposition ausgenutzt. Dies sei mit der gesellschaftlichen Treuepflicht nicht zu vereinbaren gewesen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 18.11.2015
Quelle: Oberlandesgericht Hamburg, ra-online (zt/NJW-RR 1991, 673/rb)