21.11.2024
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Dokument-Nr. 33039

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Beschluss14.06.2023Oberlandesgericht Frankfurt am Main7 Ws 85/23
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Beschluss14.06.2023

Einreise­schwierigkeiten für russische Angeklagte berechtigten nicht zur Verfahrens­einstellungEinreise nach Deutschland nach wie vor möglich und auch zumutbar

Etwaige durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hervorgerufene Einreise­schwierigkeiten für Angeklagte russischer Staats­an­ge­hö­rigkeit, die sich in der Russischen Föderation aufhalten, stellen kein andauerndes Verfah­rens­hin­dernis dar. Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) hat den angefochtenen Einstellungs­beschluss des Landgerichts aufgehoben.

Die Angeklagten, beide russische Staatsbürger, waren vom Landgericht Darmstadt wegen Beihilfe zur Untreue und Steuer­hin­ter­ziehung in fünf Fällen zu mehrjährigen Gesamt­frei­heits­s­trafen verurteilt worden. Nach mehrjähriger Unter­su­chungshaft halten sich die Angeklagten wieder in der Russischen Föderation auf. Auf die Revision der Staats­an­walt­schaft hin hatte der Bundes­ge­richtshof das Urteil aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an eine andere Wirtschaftss­traf­kammer des Landgerichts Darmstadt zurückverwiesen. Das Landgericht Darmstadt stellte das Verfahren im Frühjahr 2023 wegen eines andauernden Verfah­rens­hin­der­nisses (§ 206 a StPO) ein. Das Erscheinen der Angeklagten zu einer neuen Haupt­ver­handlung würde die Angeklagten in Hinblick auf die von der EU verhängten Reise­be­schrän­kungen sowie mögliche Repressionen bei ihrer Rückkehr in die Russische Föderation unver­hält­nismäßig belasten.

Erscheinen trotz Krieges weder ausgeschlossen noch unzumutbar

Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde der Staats­an­walt­schaft hatte vor dem OLG Erfolg. Es hob den Einstel­lungs­be­schluss auf. Zur Begründung führte es aus, dass die vom Landgericht dargelegten Umstände kein andauerndes Verfahrenshindernis begründen würden. Wie lange der Angriffskrieg von Russland gegen die Ukraine dauern werde, sei offen. „Ein Erscheinen der Angeklagten zu einem neuen Haupt­ver­hand­lungs­termin ist gleichwohl derzeit weder objektiv ausgeschlossen noch unzumutbar“, führte das OLG weiter aus. Auch ohne direkten Flugverkehr bestehen etwa Flugmög­lich­keiten über internationale Drehkreuze nach Deutschland sowie eine Ein- und Ausreise über den Landweg mit dem Pkw oder dem Bus. Nach Aussetzung der Visumsfreiheit für russische Reisende gebe es die Möglichkeit, das Visums­an­trags­ver­fahren durchzuführen. „Dass eine solche Einreise eine beschwerliche und umständliche Prozedur für die Angeklagten darstellt, stellt kein Hinderungsgrund im Sinne des § 206 a StPO dar, denn auch andere Angeschuldigte aus anderen Herkunfts­s­taaten haben sich (...) umständlichen, teuren und langwierigen Aus- und Einrei­se­mo­da­litäten zu unterziehen, um sich ihrem in Deutschland geführten Verfahren zu stellen (...)“, betonte das OLG zudem.

Keine konkreten Anhaltspunkte für Repressalien bei Rückkehr

Es lägen auch keine konkreten Anhaltspunkte für mögliche Repressalien bei Rückkehr der Angeklagten nach Russland vor, die der Prozessführung entgegenstehen könnten. Soweit die russische Staatsduma ausreisewillige russische Staatsbürger möglicherweise allein wegen ihres Ausreisewillens als Landesverräter der Verfolgung aussetze, greife dieser Einwand hier nicht. Die Angeklagten würden ihr Land gerade nur vorübergehend für den Zeitraum der Prozessführung verlassen und durch eine nachfolgende Rückkehr belegen, dass sie nicht dauerhaft ausreisewillig sind. Schließlich würden weder das Verhältnis zwischen Aufwand und Ergebnis der Fortführung des Verfahrens noch eine mögliche überlange Verfahrensdauer zur Verfahrenseinstellung wegen eines andauernden Verfah­rens­hin­der­nisses berechtigen. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)

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