18.10.2024
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Dokument-Nr. 32919

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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Beschluss20.04.2023

Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main hebt Einstellungs­beschluss des Landgerichts im Zusammenhang mit dem so genannten Sommermärchen auf„Sommermärchen“-Verfahren gegen Ex-DFB-Spitzen­funk­tionäre wird fortgesetzt

Das Landgericht hatte das Strafverfahren gegen drei angeklagte ehemalige Sport­funk­tionäre wegen Steuer­straftaten (im Zusammenhang mit Angaben hinsichtlich einer Zahlung von 6,7 Mio. € im Jahr 2005) im Hinblick auf die Einstellung des schweizerischen Strafverfahrens und das zu beachtende Doppel­bestrafungs­verbot eingestellt. Auf die Beschwerde der Staats­an­walt­schaft hat das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) diesen Beschluss aufgehoben. Der Aburteilung der Angeklagten stehe nicht das Doppel­bestrafungs­verbot entgegen, da das schweizerische Verfahren nicht dieselbe Tat, sondern ein Vortatgeschehen betreffe, begründete das OLG die Entscheidung. Das Verfahren ist nun vom Landgericht Frankfurt am Main fortzuführen.

Die Staats­an­walt­schaft wirft den - nunmehr noch - drei Angeklagten Hinterziehung bzw. Beihilfe zur Hinterziehung von Körper­schaft­steuer, Solida­ri­täts­zu­schlag, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer für das Jahr 2006 vor. Die Angeklagten sollen bewirkt bzw. daran mitgewirkt haben, dass in den genannten Steue­r­er­klä­rungen die Rückzahlung eines Privatdarlehens des Fußballers F.B. in Höhe von 6,7 Mio. € im Jahr 2005 zu Unrecht als Betriebsausgabe des DFB im Jahr 2006 ertrags- und steuermindernd verrechnet worden sei. Es sei fälschlich angegeben worden, dass es sich bei der Zahlung von 6,7 Mio. € des Organi­sa­ti­o­ns­ko­mitees WM 2006 an die FIFA um eine Beteiligung des DFB an den Kosten einer FIFA-Gala 2006 gehandelt habe. Das Landgericht hatte die Eröffnung des Hauptverfahrens aus tatsächlichen Gründen abgelehnt. Es fehle ein hinreichender Tatverdacht für die angeklagten Taten.

Zahlung keine Beteiligung an Kosten der FIFA-Gala

Auf die hiergegen von der Staats­an­walt­schaft eingelegte sofortige Beschwerde hatte das OLG die Anklage zur Haupt­ver­handlung zugelassen und das Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main eröffnet. Zur Begründung hatte es ausgeführt, dass nach Würdigung des gesamten Akteninhalts ein hinreichender Tatverdacht dafür gegeben sei, dass der im Rahmen des Betrie­bs­aus­ga­be­n­abzugs geltend gemachte Bestim­mungsgrund der Zahlung in Höhe von 6,7 Mio. € vom April 2005 des Organi­sa­ti­o­ns­ko­mitees WM 2006 an die FIFA falsch gewesen sei. Die Zahlung habe tatsächlich nicht die Beteiligung an den Kosten der FIFA-Gala zum Gegenstand gehabt.

Strafverfahren in der Schweiz wegen Verfol­gungs­ver­jährung eingestellt

In der Schweiz hatte das dem Strafverfahren zu Grunde liegende Gesamtgeschehen ebenfalls zu straf­recht­lichen Ermittlungen geführt. Gegen die drei Angeklagten wurde dort wegen Betrugs bzw. Gehilfenschaft zum Betrug Anklage erhoben seitens der schweizerischen Bundes­an­walt­schaft. Die Verfahren wurden mit Beschluss vom 20.05.2021 eingestellt, da spätestens im Jahr 2020 Verfol­gungs­ver­jährung eingetreten sei. Mit Beschluss vom 27.10.2022 hat nachfolgend die 2. große Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main das hiesige Strafverfahren eingestellt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass es sich bei den angeklagten Taten um dieselbe Tat im Sinne des Art. 54 des Schengener Durch­füh­rungs­über­ein­kommens handele, die in der Schweiz angeklagt und hinsichtlich der das dortige Verfahren wegen Verfol­gungs­ver­jährung eingestellt worden sei. Gegen diese Einstel­lungs­ent­scheidung wendet sich die sofortige Beschwerde der Staats­an­walt­schaft. Sie hatte vor dem OLG Erfolg. Die Einstel­lungs­ent­scheidung sei aufzuheben, beschloss das OLG. Es liege kein Verfah­rens­hin­dernis vor.

OLG sieht keinen Verstoß gegen das Doppel­be­stra­fungs­verbot

Insbesondere stehe der Aburteilung der Angeklagten nicht das Verbot der Doppel­be­strafung entgegen. Mit dem Verbot solle erreicht werden, dass ein Beschuldigter wegen einer bestimmten Tat im prozessualen Sinne nicht mehrfach in verschiedenen Vertragsstaaten mit einem Strafverfahren überzogen werde. Die Verfah­ren­s­ein­stellung im schweizerischen Strafverfahren betreffe aber nicht dieselbe Tat in diesem Sinne (Art. 54 Schengener Durch­füh­rungs­über­ein­kommen). Beide Anklagen knüpften zwar an einen zusam­men­hän­genden historischen Gesamtkomplex an. Die im hiesigen Verfahren streitigen Steuer­straftaten im Jahr 2007 bauten auf der im schweizerischen Verfahren zur Last gelegten Betrugstat im April 2005 auf. Es handele sich bei wertender Gesamt­be­trachtung aber gerade nicht um einen Komplex „unlösbar miteinander verbundener Tatsachen“, der die Annahme derselben Tat im Sinne des Art. 54 rechtfertigen würde. Die Umstände im schweizerischen Verfahren stellten vielmehr das „Vortatgeschehen“ für die hier verfah­rens­ge­gen­ständ­lichen Steuer­straftaten dar.

Unter­schiedliche Vorwürfe

Die in der Schweiz angeklagte Betrugstat soll im April 2005 in Köln begangen worden sein; die hiesigen Steuer­straftaten im Jahr 2007 in Frankfurt am Main. Im schweizerischen Verfahren sei den Angeklagten zur Last gelegt worden, dass sie aus Mitteln des DFB einen Betrag von 6,7 Mio. € zur Befriedigung eines Darle­hens­rü­ck­zah­lungs­an­spruchs gegenüber F.B. verwendet und zu diesem Zweck Mitglieder des OK-Präsi­di­al­aus­schusses über den Anlass der Zahlung getäuscht und die Überweisung an die FIFA zur Weiterleitung an den Darlehensgeber veranlasst haben sollen. Im hiesigen Verfahren werde den Angeklagten dagegen zur Last gelegt, die Zahlung in Höhe von 6,7 Mio. € unberechtigt als Betriebsausgabe in die Gewin­n­er­mittlung des DFB einbezogen zu haben. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)

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