18.10.2024
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Dokument-Nr. 29462

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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil12.11.2020

Rechts­miss­brauch bei über 240 Abmahnungen im JahrÜbermäßiges Verfolgen von Wettbewerbs­verstößen unzulässig

Der Ausspruch von über 240 Abmahnungen in einem Jahr, die sich auf Verstöße ohne unmittelbaren wirtschaft­lichen Bezug zum Abmahnenden beziehen, spricht für ein missbräuch­liches Vorgehen. Dem Abmahnenden stehen deshalb keine Ansprüche auf Erstattung der für die Abmahnungen entstandenen Rechts­an­walts­kosten zu, entschied das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG).

Die Klägerin ist eine in Hamburg ansässige, 2017 gegründete GmbH. Der Beklagte betreibt ein Reisebüro und bietet seine Reise­bü­ro­dienst­leis­tungen über eine Webseite an. Die Webseite enthielt keinen Hinweis auf und keinen klickbaren Link zur sog. OSPlattform (siehe Erläuterung). Die Klägerin mahnte den Beklagten deshalb erfolglos ab. Ihre Ansprüche auf Unterlassen des gerügten wettbe­wer­bs­widrigen Verhaltens sowie auf Ersatz entstandener Rechts­an­walts­kosten wies das Landgericht ab. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg.

Keine Rechts­ver­folgung ohne nennenswertes wirtschaft­liches Interesse

Die Klage sei bereits unzulässig, urteilte das OLG. Die Rechtsverfolgung sei rechts­miss­bräuchlich. Es sei unzulässig, Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassen wegen einer unzulässigen geschäftlichen Handlung geltend zu machen, wenn dies vorwiegend dazu diene, "gegen den Zuwider­han­delnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechts­ver­folgung entstehen zu lassen." Von einem Missbrauch sei auszugehen, wenn das "beherrschende Motiv ... sachfremde, für sich genommen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele sind." Anhaltspunkt hierfür könne etwa sein, dass die Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen wirtschaft­lichen Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden stehe. Ein weiteres Indiz liege vor, wenn der Abmahnende an der Verfolgung des beanstandeten Wettbe­wer­bs­ver­stoßes kein nennenswertes wirtschaft­liches Interesse habe.

Unzulässige Abmahntätigkeit als Einnahmequelle

Hier spreche bereits die hohe Zahl von über 240 Abmahnungen innerhalb eines Jahres, die sich in fast allen Fällen auf die fehlende Verlinkung zur OS-Plattform oder auf die Verletzung anderer Pflichten von Diens­tean­bietern bezogen, für ein rechts­miss­bräuch­liches Verhalten. Die Klägerin werde durch diese Verstöße in ihrer wirtschaft­lichen Betätigung nicht unmittelbar berührt. Die Verstöße beträfen vielmehr vorrangig die Rechts­be­zie­hungen der abgemahnten Reise­un­ter­nehmen zu ihren Kunden, ohne dass der Marktzugang für die Klägerin dadurch erschwert würde. Zu berücksichtigen sei auch, "dass die Klägerin - wenn überhaupt - nur vorübergehend und in sehr speziellen Segmenten des Reise­ver­mitt­ler­marktes tätig ist," betont das OLG. Ihren eigenen Angaben nach befinden sich die meisten ihrer angeblichen Tätigkeiten im Planungsstadium und dies seit mehreren Jahren. "Das Verhalten der Klägerin lässt daher nur den Schluss zu, dass es ihr in erster Linie darum geht, sich im Zusammenwirken mit ihrem Prozess­be­voll­mäch­tigten durch die Abmahntätigkeit eine Einnahmequelle zu erschließen", stellt das OLG abschließend fest.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/aw)

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