21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen verschiedene Szenen aus der Wirtschaftswelt und ein zentrales Paragrafenzeichen.

Dokument-Nr. 796

Drucken
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil30.06.2005

Wettbe­wer­bs­widrige Ausnutzung der geschäftlichen Unerfahrenheit von Kindern durch Online-Datenerhebung

Wird Kindern ohne Mitwirkung der Eltern die Mitgliedschaft in einem „Autokids – Club“ angeboten, wenn sie zuvor einen im Internet eingestellten Fragebogen ausfüllen, so liegt darin eine wettbe­wer­bs­widrige Ausnutzung der geschäftlichen Unerfahrenheit der Kinder (§ 4 Nr. 2 UWG). Der u.a. für das Wettbe­wer­bsrecht zuständige 6. Zivilsenat des Oberlan­des­ge­richts Frankfurt am Main hat diese Form der Werbung deshalb untersagt, sofern nicht das Einverständnis der Eltern mit dem Erwerb der Club-Mitgliedschaft sichergestellt wird.

Der beklagte Kfz-Hersteller präsentierte im Internet Anmel­de­for­mulare zu einem "Autokids- Club", mit denen Kinder ohne Mitwirkung der Eltern die Clubmit­glied­schaft beantragen konnten. Hierzu mussten sie in einem Fragebogen persönliche Daten eingeben und Fragen nach ihren Hobbys, ihrem Lieblingsauto und dem zuletzt besuchten Freizeitpark beantworten. Club-Mitglieder erhielten Vergünstigungen in Freizeitparks und wurden zu Veranstaltungen eingeladen, die von dem beklagten Kfz-Hersteller organisiert wurden und die teilweise in Autohäusern des Herstellers stattfanden.

Die Einrichtung des Clubs und die Mitglie­d­er­werbung dienten nach Ansicht des Senats der Aufmerksamkeits- und Imagewerbung für das Unternehmen und konkreten Verkaufs­för­de­rungs­maß­nahmen. Die Veranstaltungen, zu denen die Club-Mitglieder eingeladen würden, gäben Gelegenheit zur Produktwerbung, weil die Kinder die Veranstaltungen in der Regel mit ihren Eltern aufsuchten.

Zwar sei die Erhebung von Daten bei Kindern nicht stets und ohne weiteres als unlauter anzusehen. Gerade für Kinder im Vorschul- und Grundschulalter seien aber die mit der Preisgabe persönlicher Daten verbundenen Nachteile und der Zusammenhang zwischen Datenerhebung und Werbestrategie kaum erkennbar.

Die Werbung richte sich an Kinder, die geschäftlich noch völlig unerfahren seien und ihre ersten eigenen Erkundungen im Internet machten. Damit schaffe sie ohne Einschaltung der Eltern die Voraussetzungen für gezielte Einladungen, die den Kindern attraktiv erscheinen mögen, die aber zugleich auf die Ermöglichung einer werblichen Beeinflussung (der Eltern) ausgerichtet seien.

Kinder könnten die Vorteile einer solchen Mitgliedschaft gegen die Nachteile in der Regel aber nicht sachgerecht abwägen, weshalb ihre geschäftliche Unerfahrenheit durch die beanstandete Datenerhebung ausgenutzt werde. Der Senat betont jedoch, dass der Unlau­ter­keit­stat­bestand nicht erfüllt wäre, wenn die Mitwirkung der Eltern beim Erwerb der Club-Mitgliedschaft für die Kinder sichergestellt sei.

Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main vom 01.08.2005

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil796

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI