21.11.2024
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Dokument-Nr. 29645

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Urteil29.12.2020Oberlandesgericht Frankfurt am Main5 U 231/19
Vorinstanz:
  • Landgericht Frankfurt am Main, Urteil14.10.2019, 3-05 O 54/19
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil29.12.2020

Anfechtbarkeit von Entlastungs­beschlüssen wegen unrichtiger Auskunft nur bei RelevanzAktionäre können Entlastungs­beschlüsse nur bei nicht ordnungsgemäßen, unzutreffenden oder unzureichender Antworten anfechten und wenn diese für die Willensbildung der Aktionäre erforderlich waren

Verwal­tungs­organe müssen Aktionärsfragen nur im erforderlichen Umfang beantworten. Dies richtet sich nach dem konkreten Tages­ord­nungspunkt. Werden Fragen nicht ordnungsgemäß, unzutreffend oder unzureichend beantwortet, führt dies nur dann zur Anfechtbarkeit, wenn die Antworten für die Willensbildung der Aktionäre erforderlich waren. Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) hat unter Anwendung dieser Grundsätze die erstinstanzlich erfolgreiche Klage von Aktionären gegen Entlastungs­beschlüsse von Vorstands­mitgliedern und dem Aufsichtsrats­vorsitzenden einer Großbank abgewiesen.

Die Kläger sind Aktionäre der beklagten deutschen Großbank. Sie wenden sich gegen Beschlüsse der Hauptversammlung im Mai 2018. Im Rahmen der Generaldebatte waren in der Haupt­ver­sammlung Fragen u.a. zu den Themenkomplexen Postbank- Prozesse, Cum-Ex und unterlassene Rückstellung, Geldwä­sche­prä­vention sowie angeblicher Einla­gen­rü­ck­gewähr an einen Großaktionär gestellt worden. Die Verwal­tungs­organe der Beklagten hatten Antworten gegeben. Nachfolgend wurde den Vorstands­mit­gliedern und dem Aufsichts­rats­vor­sit­zenden von den Aktionären Entlastung für das Geschäftsjahr 2018 erteilt.

Kläger begehren die Nichti­g­er­klärung der Entlas­tungs­be­schlüsse gegenüber vier Vorstands­mit­gliedern und dem Aufsichts­rats­vor­sit­zenden

Die Kläger begehren die Nichti­g­er­klärung der Entlas­tungs­be­schlüsse gegenüber vier Vorstands­mit­gliedern und dem Aufsichts­rats­vor­sit­zenden. Sie behaupten, durch die nicht, nicht vollständig oder unzutreffend bzw. verschleiernd erteilten Auskünfte sei einem Durch­schnitts­ak­tionär ein wesentliches Element für seine Willensbildung bei der Entlastung vorenthalten worden. Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte vor dem OLG Erfolg. Die Entlas­tungs­be­schlüsse seien nicht anfechtbar, begründet das OLG die Abänderung. Es liege weder ein Verstoß wegen unrichtiger, unvollständiger oder verweigerter Erteilung von Informationen vor noch habe die Mehrheit der für die Entlastung stimmenden Aktionäre gegen ihre gesell­schaft­lichen Treuepflichten verstoßen.

Grundsätzlich sei zwar jedem Aktionär auf Verlangen in der Haupt­ver­sammlung vom Vorstand Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben. Dieses Auskunftsrecht werde jedoch durch das Kriterium der Erfor­der­lichkeit und das Auskunfts­ver­wei­ge­rungsrecht des Vorstandes begrenzt. Erforderlich sei eine Auskunft, wenn sie ein für die Urteilsfindung des Aktionärs wesentliches Element bilde. Der Verstoß gegen die Auskunfts­pflicht im Zusammenhang mit einer Entlastung sei nur relevant, wenn er die Beurteilung der Vertrau­ens­wür­digkeit der Verwaltung der Gesellschaft betreffe. „Angesichts der Vielzahl von durch die Geschäfts­führung vorgenommenen bzw. vom Aufsichtsrat zu überwachenden (Geschäfts-) Maßnahmen könnten solche Informationen von hinreichender Relevanz für Beurteilung der TOP Entlastung sein, die sich auf die Einhaltung der Gesetze und der Satzungs­be­stimmung beziehen oder sich auf die Darstellung des Unternehmens in der Öffentlichkeit oder in nennenswertem Umfang auf die Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft auswirken“, betont das OLG.

Richter: Kein relevanter Verstoß gegen die Auskunfts­pflicht

Anhand dieses Maßstabes lasse sich hier kein relevanter Verstoß gegen die Auskunfts­pflicht feststellen. Dass eine erteilte Auskunft unrichtig sei, müsse der Aktionär darlegen. Daran fehle es vorliegend in vielen Fällen. Soweit teilweise Fragen nicht ordnungsgemäß beantwortet worden seien, beträfe dies den Bereich der nicht mehr erforderlichen Auskünfte. Die Wirksamkeit der Entlas­tungs­be­schlüsse werde damit nicht berührt. Die Mehrheit der Aktionäre habe durch ihr Abstim­mungs­ver­halten auch nicht gegen die gesell­schaftliche Treuepflicht verstoßen. Es sei nicht feststellbar, dass für die Aktionäre pflichtwidriges Verhalten der Organe der Gesellschaft bei der Entlastung erkennbar gewesen sei.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/pt)

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