15.11.2024
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil03.06.2019

Vom Autohersteller gewährter Rabatt für "Menschen mit Handicap" mindert bei Unfall Schadens­ersatz­anspruch des Geschädigten"Handicap-Rabatt" ist wie Werks­angehörigen­rabatt schadens­mindernd zu berücksichtigen

Gewährt ein Autohersteller "Menschen mit Handicap" einen besonderen Rabatt, mindert dieser Rabatt den Schadens­ersatz­anspruch eines Geschädigten. Der Unfall­ve­r­ur­sacher muss allein den rabattierten Neuwagenpreis ersetzen, in Höhe des Rabattes besteht dagegen kein ersatzfähiger Schaden. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls verlangt von den Beklagten nach einem Verkehrsunfall Schadensersatz. Die Beklagten sind voll einstands­pflichtig. Das Fahrzeug der Klägerin war zum Unfallzeitpunkt eine Woche alt. Die körperlich beeinträchtigte Klägerin hatte beim Kauf des Fahrzeugs einen Preisnachlass in Höhe von 15 % erhalten. Grundlage dafür waren Geschäfts­be­din­gungen der Volkswagen AG, wonach "Kunden mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 % für höchstens zwei Fahrzeuge im laufenden Kalenderjahr, die nach der Lieferung mindestens sechs Monate lang gehalten werden müssen", ein Sondernachlass in Höhe von 15 % gewährt wird. Dies soll nach den Angaben des Unternehmens dazu beitragen, den "Alltag von Menschen mit Handicap" zu erleichtern.

Klägerin verlangt zusätzlich Schadensersatz in Höhe des gewährten Rabattvorteils

Die Klägerin hatte nach dem Unfall erneut ein Fahrzeug der Volkswagen AG unter Einräumung dieses Sonder­nach­lasses erworben. Da sie der Ansicht war, dass dieser Nachlass dem Schädiger nicht gute kommen soll, begehrte sie von den Beklagten - die den Schaden im Übrigen ausgeglichen haben - noch Schadensersatz in Höhe des gewährten Rabattvorteils.

OLG bejaht lediglich Anspruch auf Erstattung des rabattierten Neuwagenpreises

Das Landgericht wies die Klage ab. Auch die Berufung hatte keinen Erfolg. Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main entschied, dass der Klägerin hier kein Schaden in Höhe des eingeräumten Rabattes entstanden sei. Sie habe allein Anspruch auf Erstattung des rabattierten Neuwagenpreises. Grundsätzlich sei ein Ersatzanspruch nach der sogenannten Diffe­renz­hy­pothese zu bemessen. Die Vermö­gen­s­ent­wicklung des Geschädigten mit und ohne das schädigen de Ereignis sei zu bilanzieren. Rein rechnerisch habe die Klägerin in Höhe des ihr eingeräumten Rabattes keine unfallbedingte Vermö­gen­s­einbuße erlitten.

Rabatt stellt vorrangig soziale Funktion und "freigiebige Leistung" dar

Es sei auch keine Korrektur dieser Schadens­be­rechnung aufgrund wertender Gesichtspunkte geboten. Verursache ein Schaden­se­r­eignis auch Vorteile, sei allerdings wertend zu entscheiden, ob die Vorteile schadens­mindernd in die Berechnung einfließen oder außer Betracht bleiben sollen. Hier seien jedoch keine besonderen Wertungs­ge­sichts­punkte ersichtlich, die dafür sprechen würden, der Klägerin in Höhe des ihr eingeräumten Rabatts eine weitere Entschädigung zuzusprechen. Der Rabatt stelle zwar eine Leistung dar, die Menschen mit Behinderungen freiwillig und nur unter bestimmten Voraussetzungen gegenüber erbracht werde. Es sei aber nicht festzustellen, dass der Rabatt vorrangig eine soziale Funktion oder aber eine "freigiebige Leistung" sei. "Freigiebige Leistungen" eines Dritten seien vielmehr "dem gewerblichen Warenverkehr regelmäßig wesensfremd". Es sei deshalb ebenso naheliegend, "dass es sich um ein von einer sozialen Komponente mitbestimmtes Element der Absatzförderung und der Kundenbindung handelt". Damit bestehe Ähnlichkeit zum Werks­an­ge­hö­ri­gen­rabatt, der ebenfalls schadens­mindernd zu berücksichtigen sei.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main/ra-online (pm/kg)

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