21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 31932

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Urteil25.04.2022Oberlandesgericht Frankfurt am Main29 U 185/20
Vorinstanz:
  • Landgericht Frankfurt am Main, Urteil24.08.2020, 2-26 O 117/18
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil25.04.2022

Unvollständige Grundlagen­ermittlung eines Architekten führt nicht zur Schadens­ersatz­pflicht für entgangene steuerliche VergünstigungenKein Zurech­nungs­zu­sam­menhang zwischen Pflicht­ver­letzung und Steuerschaden

Ein mit der Grundlagen­ermittlung und Entwurfsplanung beauftragter Architekt hat seinen Auftraggeber über ein denkmal­schutz­rechtliches Genehmigungs­erfordernis aufzuklären. Zweck dieser Verpflichtung ist es, den Bauherrn in die Lage zu versetzen, die Realisierungs­chancen des Vorhabens einschätzen zu können. Nicht zum Schutzzweck der Verpflichtung gehört es dagegen, den Bauherrn vor etwaigen Steuerschäden im Zusammenhang mit bestehenden Genehmigungs­erfordernissen zu bewahren. Der Bauherr kann deshalb bei unvollständiger Grundlagen­ermittlung nicht Ersatz entgangener steuerlicher Vergünstigungen beanspruchen. Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) hat die Berufung der Bauherren zurückgewiesen.

Die Bauherren beabsichtigten die Sanierung einer Dachge­schoss­wohnung im Frankfurter Westend und beauftragten einen Architekten mit Archi­tek­ten­leis­tungen. Dieser klagte vor dem Landgericht ausstehendes Honorar ein. Die Bauherren beriefen sich dagegen u.a. auf Schaden­s­er­satz­ansprüche gegen den Architekten, da fälschlich erklärt worden sei, dass denkmal­schutz­rechtliche Gesichtspunkte beim Innenausbau unbeachtlich seien. Tatsächlich hätten sie bei richtiger Aufklärung das gesamte Bauvorhaben im Wege einer Sonder­ab­schreibung (§ 7 h EStG) fördern lassen können. Ihnen sei wegen der unrichtigen Ausklärung damit ein Steuerschaden in Höhe von gut 5.000,00 € entstanden. Das Landgericht hatte dem Architekten ausstehendes Honorar zugesprochen und den Schaden­s­er­satz­an­spruch der beklagten Bauherren wegen entgangener Steuer­ver­güns­ti­gungen abgewiesen. Die Berufung der Bauherren hiergegen hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg.

Pflichtwidrig nicht über denkmal­schutz­rechtliche Geneh­mi­gungs­be­dürf­tigkeit aufgeklärt

Der Architekt habe zwar pflichtwidrig nicht über die denkmal­schutz­rechtliche Geneh­mi­gungs­be­dürf­tigkeit aufgeklärt, begründet das OLG seine Entscheidung. Auch im Rahmen der hier beauftragten Grund­la­ge­n­er­mittlung und Entwurfsplanung müsse ein Architekt über die Geneh­mi­gungs­be­dürf­tigkeit eines Bauvorhabens vollständig und richtig informieren. Die Entwurfsplanung müsse zudem geneh­mi­gungsfähig erstellt werden. Dabei komme es nicht darauf an, ob bei der Beauftragung der Bauherr zum Ausdruck gebracht habe, bestimmte steuerliche Vergünstigungen in Anspruch nehmen zu wollen.

Schutz­zweck­zu­sam­menhang liegt hier nicht vor

Es fehle aber am Zurech­nungs­zu­sam­menhang zwischen dieser Pflichtverletzung und dem behaupteten Steuerschaden. Grundsätzlich hafte der Vertragspartner bei einer Pflicht­ver­letzung nur für die Schäden, die bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Pflichten gerade verhindert werden sollen. Dieser Schutz­zweck­zu­sam­menhang liegt hier nicht vor. Die ordnungsgemäße Grund­la­ge­n­er­mittlung betreffe zwar auch wirtschaftliche Folgen eines Bauvorhabens; insbesondere solle sie den Bauherrn über die erwarteten Kosten informieren, damit er sich auf einer geeigneten Grundlage für die Durchführung des Vorhabens entscheiden kann. Es bestehe aber keine allgemeine Verpflichtung des Architekten, in jeder Hinsicht die Vermö­gen­s­in­teressen des Bauherrn wahrzunehmen.

Ermittlung der Geneh­mi­gungs­be­dürf­tigkeit dient Einschätzung der Reali­sie­rung­s­chancen

Die Ermittlung der Geneh­mi­gungs­be­dürf­tigkeit betreffe nicht die wirtschaft­lichen Fragen des Bauvorhabens, sondern diene dazu, die Reali­sie­rung­s­chancen einschätzen zu können. „Sie zielt - jedenfalls ohne weitere Vereinbarung oder besondere Umstände - nicht darauf, dem Besteller die Möglichkeit steuerlicher Vergünstigungen zu erschließen“, betont das OLG. Solche Vergünstigungen seien vielmehr allein ein „Reflex der Genehmigung“. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)

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