18.10.2024
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Dokument-Nr. 29556

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Beschluss30.11.2020Oberlandesgericht Frankfurt am Main26 Sch 17/20
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Beschluss30.11.2020

Kein Eilverfahren zur Verfassungs­widrigkeit der Zuweisung von Streitigkeiten nach Verpa­ckungs­gesetz an privates SchiedsgerichtVerwer­fungs­monopol für eine verfas­sungs­widrige Norm liegt grundsätzlich beim Bundes­verfassungs­gericht

Das Verwer­fungs­monopol für verfas­sungs­widrige Normen liegt grundsätzlich beim Bundes­verfassungs­gericht. Fachgerichte können nur dann Eilrechtschutz gewähren, wenn es nicht zur Vorwegnahme der Hauptsache kommt. Zu einer solchen unzulässigen Vorwegnahme würde es kommen, wenn im Eilverfahren der Zuschlag im Hinblick auf die geltend gemachte Verfassungs­widrigkeit von § 23 VerpackG untersagt würde. Nach dieser Vorschrift sind Streitigkeiten über die Zuschlags­er­teilung vor den privaten Schieds­ge­richten auszutragen. Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) lehnte deshalb Eilantrag auf Zuschlags­untersagung ab.

Die Antragsgegnerin ist unter der Bezeichnung „Der Grüne Punkt“ im Bereich des Recyclings von Verpackungen tätig. Sie schrieb Leistungen nach dem Verpackungsgesetz aus. Leistungsbeginn sollte der 1.1.2021 sein. Die Antragstellerin bewarb sich erfolglos. Nach dem 2019 neu gefassten Verpa­ckungs­gesetz ist die Ausschreibung und Entscheidung von Leistungen nach dem Verpa­ckungs­gesetz durch ein Schiedsgericht zu überprüfen (§ 23 Abs. 8, Abs. 9 VerpackG). Die von der Antragstellerin erhobene Schiedsklage, die sich darauf richtete, der Antragsgegnerin die Zuschlags­er­teilung an einen anderen Bieter zu untersagen, hatte vor dem Schiedsgericht keinen Erfolg. Die Antragstellerin begehrte deshalb, die Zuschlags­er­teilung im Eilverfahren bis zu einer Entscheidung über die Aufhebung dieses Schiedsspruchs zu untersagen. Sie hält die Zuweisung von Streitigkeiten nach dem Verpa­ckungs­gesetz an ein privates Schiedsgericht für verfas­sungs­widrig.

OLG lehnt Eilantrag ab

Das OLG hat diesen Eilantrag zurückgewiesen. Das Verwer­fungs­monopol für eine verfas­sungs­widrige Norm liege grundsätzlich beim Bundes­ver­fas­sungs­gericht (Art. 100 Abs. 1 GG). Zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes könne zwar auch ein Fachgericht - wie hier das OLG - vorläufigen Rechtsschutz im Hinblick auf eine verfas­sungs­widrige Norm gewähren. Dies gelte allerdings nicht, wenn damit die Haupt­sa­cheent­scheidung vorweggenommen würde. Dies wäre hier der Fall. Die von der Antragstellerin begehrte Entscheidung „würde der Sache nach darauf hinauslaufen, die gesetzliche Regelung des Bieter­ver­fahrens - im Sinne einer faktischen Vorwegnahme der Hauptsache zu unterlaufen, indem sie es der Antragsgegnerin bis zum Abschluss des Haupt­sach­ver­fahrens über den Aufhe­bungs­antrag unmöglich machen würde, den Zuschlag zu erteilen.“

Untersagung würde gesetzlich geregeltes Bieterverfahren aushebeln

Das Gericht könnte sich gegebenenfalls erst im Haupt­sa­che­ver­fahren von der Verfas­sungs­wid­rigkeit der Regelung überzeugen und dies nach einer Vorlage zum Bundes­ver­fas­sungs­gericht entsprechend in die Entscheidung über eine Aufhebung des Schiedsspruchs einfließen lassen. Eine Untersagung der Erteilung des Zuschlags bis zu diesem Zeitpunkt würde eine Durchführung des gesetzlich geregelten Bieter­ver­fahrens in der vorliegenden Konstellation weitgehend leerlaufen lassen“, begründet der Senat unter Hinweis auf den vorgesehenen Leistungsbeginn der ausge­schriebenen Leistung zum 01.01.2021. Die Antragstellerin werde durch die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes auch nicht rechtlos gestellt. Sie könne wegen der Versagung des Zuschlags jedenfalls Schaden­s­er­satz­ansprüche geltend machen.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)

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