Im zugrunde liegenden Streitfall klagte ein Mann, der auf einer Rodelbahn erstmalig in seinem Leben mit einem aufgeblasenen Autoreifen-Schlauch bäuchlings rodelnd gegen eine von vier Eisenstangen geprallt war, die zur Abgrenzung von Ski- und Rodelbahn aufgestellt waren. Der Mann zog sich dabei eine totale Beckenschaufeltrümmerfraktur zu. Er verlangte daraufhin Schmerzensgeld vom Pistenbetreiber und berief sich dabei auf eine unzureichende Verkehrssicherungspflicht des Beklagten.
Der Pistenbetreiber war dagegen der Ansicht, dass die Pfähle gut sichtbar aufgestellt seien und sah vielmehr ein überwiegendes Mitverschulden beim Kläger, da dieser auf einem praktisch nicht steuerbaren Rutschgerät unterwegs gewesen sei.
Landgericht und Oberlandesgericht Frankfurt am Main gaben der Klage nur teilweise statt. Dem Grunde nach stehe dem Geschädigten Schmerzensgeld aufgrund der erlittenen Körper- und Gesundheitsverletzungen gemäß § 847 Abs. 1 Satz 1 BGB zu. Dem Betreiber der Piste obliege die Pflicht, die Anlage in einer Beschaffenheit zur Verfügung zu stellen, die die Benutzer vor vermeidbaren Gefahren bewahre. Dies gelte sogar auch dann, wenn von der Anlage in unbefugter oder missbräuchlicher Weise Gebrauch gemacht werde.
Entsprechend dieses Grundsatzes komme dem Betreiber eine so genannte "Pistensicherungspflicht" zu. Diese Sicherungspflicht erstrecke sich in erster Linie auf den Schutz der Wintersportler vor atypischen Gefahren oder gar "heimtückischen Objekten". Die auf der Rodelbahn aufgestellten, fest einbetonierten Eisenstangen zur Abgrenzung der Ski- von der Rodelpiste seien nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts als solche atypischen Gefahrenquellen zu würdigen. Da die Rodelbahn darüber hinaus am Unfalltag nachweislich stark frequentiert gewesen sei, seien die einbetonierten Eisenstangen vom Startplatz des Klägers zudem nicht ohne weiteres zu sehen gewesen.
Zwar habe der Betreiber zurecht eine Abgrenzung zwischen Ski- und Rodelpiste schaffen wollen. Er hätte dabei aber auf elastische Materialien - wie beispielsweise Slalomfahnen oder dergleichen - als Pistenbegrenzung ausweichen können. Entsprechend sei der Betreiber dem Grunde nach wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zum Schadensersatz verpflichtet.
Die Ersatzpflicht sei aber in erheblichem Maße aufgrund des Verhaltens des Klägers gemindert, da dieser ein schwerwiegendes Mitverschulden am erlittenen Rodelunfall trage, so die Richter. Autoschläuche seien nur eingeschränkt lenkbar und man könne nur mit sehr viel Übung die Fahrtrichtung überhaupt beeinflussen. So sei der Kläger dem kaum steuerbaren Rutschverhalten des Autoschlauchs praktisch hilflos ausgeliefert gewesen und die Gefahr eines Zusammenstoßes mit einem anderen Rodler sei genauso groß gewesen, wie der Aufprall auf einen der Begrenzungspfosten. Der Kläger habe mit seinem Verhalten fahrlässig gehandelt und seinen Rodelunfall maßgeblich mitverschuldet, urteilte das Gericht. Denn der Kläger hätte zumindest erkennen können, dass eine Rodelfahrt mit einem Autoschlauch für ihn mangels jeglicher Erfahrung mit Risiken verbunden gewesen sei.
Angesichts dieses leichtsinnigen Verhaltens habe der Kläger den schwerwiegenderen Verursachungsbeitrag zu dem eingetretenen Unfall geleistet, was das Gericht dazu bewog, dem Beklagtenn nur eine Schuld von 25 %, dem Kläger dagegen ein Mitverschulden in Höhe von 75 % zuzurechnen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 26.01.2011
Quelle: ra-online, OLG Frankfurt am Main (vt/ac)