18.10.2024
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Dokument-Nr. 32393

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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Beschluss01.08.2022

Keine isolierte Überprüfung einer Eintragungs­verweigerung eines StandesamtsAntrag auf Feststellung der ursprünglichen Rechts­wid­rigkeit der Eintragungs­weigerung unzulässig

Die anfängliche Weigerung eines Standesamtes, eine Person nicht-binärer Geschlechts­zugehörigkeit als Elternteil ins Geburtsregister einzutragen, kann nach späterer Adoption und daraufhin erfolgter Eintragung nicht isoliert auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüft werden. Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) hat die Entscheidung des Amtsgerichts bestätigt und betont, dass ein solcher Feststel­lungs­antrag im Rechts­schutz­system der Freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht besteht und auch keine Veranlassung für eine erweiternde Auslegung besteht.

Die Beschwer­de­führer sind seit Sommer 2018 verheiratet und haben - nach repro­duk­ti­o­ns­me­di­zi­nischer Behandlung - ein gemeinsames Kind. Eine der beiden beschwer­de­füh­renden Personen hat eine nicht-binäre Geschlecht­s­i­dentität. Schon vor der Geburt des Kindes hatten die Beschwer­de­führer beantragt, dass neben der Mutter auch die Person mit nicht-binärer Geschlecht­s­i­dentität in das Geburtsregister als zweites Elternteil eingetragen wird. Dies lehnte das Standesamt ab. Die Gesetzeslage sehe dies nicht vor; es bestehe allein die Möglichkeit der Adoption. Die Eintragung erfolgte erst, nachdem die Person mit nicht-binärer Geschlecht­s­i­dentität das Kind adoptiert hatte. Die Beschwer­de­führer möchten - auch im Hinblick auf ihren Wunsch nach weiteren Kindern - festgestellt wissen, dass das Standesamt allein aufgrund der Geburtsanzeige zur Eintragung der nicht-binären Person in das Geburtsregister als Elternteil verpflichtet gewesen sei. Diesen Antrag hatte das Amtsgericht als unzulässig zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg.

Richter: Ein isoliertes Feststel­lungs­ver­fahren existiert nicht

Der Antrag auf Feststellung der ursprünglichen Rechtswidrigkeit der Eintra­gungs­wei­gerung sei unzulässig. Das Perso­nen­standsrecht sehe grundsätzlich kein Feststellungsverfahren vor, dass sich nicht als Berichtigung auswirken könne. Um eine Berichtigung gehe es hier nach Eintragung nicht mehr. Die Beschwer­de­führer könnten auch nicht über eine analoge Anwendung der Verfah­rens­vor­schriften (§ 62 FamFG) die Feststellung der Rechts­wid­rigkeit der Eintra­gungs­wei­gerung verlangen. Die Vorschriften umfassten allein die Situation, dass sich eine Entscheidung des Gerichts erster Instanz später erledigt. Hier habe sich das Verfahren jedoch bereits vor der Entscheidung des Amtsgerichts durch die Eintragung des anderen Elternteils nach erfolgter Adoption erledigt. Es entspreche der Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs, dass Fragen der Rechts­wid­rigkeit einer erledigten Maßnahme nicht außerhalb dieses gesetzlichen Rahmens geklärt werden können. Ein isoliertes Feststel­lungs­ver­fahren existiere nicht.

Vorschrift auch nicht unter dem Gesichtspunkt des grundrechtlich gewährleisteten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz erweiternd auszulegen

Die Norm sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt des grundrechtlich gewährleisteten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz erweiternd auszulegen. Der Wortlaut des Gesetzes und der Wille des Gesetzgebers sprächen vielmehr dagegen. Auch eine entsprechende Anwendung der einen anderen Fall regelnden Norm auf den vorliegenden Sachverhalt scheide aus. Bedeutung erlange zudem, dass hier die Erledigung auf einer selbst­be­stimmten Entscheidung der Beschwer­de­führer beruhe. Es lägen auch sonst keine Umstände hier vor, die ein rechtliches Interesse der Beschwer­de­führer an der begehrten Feststellung losgelöst vom bestehenden Rechts­schutz­system stützen könnten.

Die im Beschluss zugelassene Rechts­be­schwerde läuft beim Bundes­ge­richtshof unter dem VII ZB 354/22.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)

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