21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 32669

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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil03.02.2023

Schadensersatz für Eisenbahn­verkehrs­unternehmen wegen verspäteter schuldhafter Bereitstellung von TrassenDB Netz haftet für eigen­ver­schuldete Verspätungen

Kann ein Eisenbahn­verkehrs­unternehmen infolge schuldhaft verspäteter Bereitstellung von Trassen seine Pünktlichkeits­verpflichtung aus dem Verkehrsvertrag mit seinem Auftraggeber nicht erfüllen und wird deshalb seine Vergütung gemindert, kann es vom Betreiber des Schienennetzes Schadensersatz verlangen. Ordnet der Schienennetz­betreiber die Ursache für die verspätete Bereitstellung selbst seinem Verantwortungs­bereich zu, begründet dies eine Bewei­ser­leich­terung für die Annahme einer schuldhaften Pflicht­ver­letzung. Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) hat den vom Landgericht zugesprochenen Schadens­ersatz­anspruch in Höhe von gut 60.000 € bestätigt.

Die Klägerin ist ein Eisen­bahn­ver­kehrs­un­ter­nehmen. Die Beklagte betreibt das bundesweite Schienennetz. Auf der Grundlage des zwischen den Parteien geschlossenen Infra­s­truk­tur­vertrags bestellte die Klägerin bei der Beklagten Zugtrassen. Die Klägerin war ihrem regionalen Auftraggeber gegenüber zur Erbringung der Verkehrs­leis­tungen im Perso­nen­nah­verkehr verpflichtet. Wegen Verspätungen an von der Klägerin bedienten Haltepunkten kürzte der Auftraggeber die Vergütung der Klägerin für die Jahre 2016 und 2017. Die Klägerin nimmt deshalb die Beklagte auf Schadensersatz in Höhe der entgangenen Vergütung von gut 560.000,00 € in Anspruch. Das Landgericht hatte der Klage in Höhe von gut 60.000 € stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die hiergegen eingelegten Berufungen beider Parteien hatten vor dem OLG keinen Erfolg.

Zu späte Bereitstellung der Trasse begründet Mietmangel

Das OLG bestätigte die grundsätzliche Haftung der Beklagten. Die Beklagte sei aufgrund des als Mietvertrag einzuordnenden Infra­s­truk­tur­vertrags verpflichtet, der Klägerin die Schie­nen­be­nutzung zu den vertraglich vereinbarten Trassenzeiten zu ermöglichen. Wenn die Beklagte die Trassen zu spät bereitstelle, begründe dies einen Mangel der Mietsache. Für Verspätungen und dadurch verursachte Vergü­tungs­kür­zungen durch den Auftraggeber müsse die Beklagte bei schuldhaft verspäteten Bereit­stel­lungen Schadensersatz leisten. Der Schaden­s­er­satz­an­spruch sei insoweit nicht auf erhebliche Mängel begrenzt. Grundsätzlich sei die Klägerin verpflichtet, ein schuldhaftes Verhalten der Beklagten konkret darzulegen und nachzuweisen. Habe die Beklagte allerdings in ihrem internen Kodiersystem die verspätete Bereitstellung selbst ihrem Obhuts- und Verant­wor­tungs­bereich zugeordnet, begründe dies eine Bewei­ser­leich­terung zugunsten der Klägerin. Wolle die Beklagte später behaupten, die Verspätung sei entgegen dieser Kodierung nicht ihrem Verant­wor­tungs­bereich zuzurechnen, müsste sie dies dann in jedem Einzelfall widerlegen und Alter­na­ti­v­ur­sachen im Einzelnen darlegen und beweisen.

Haftung auch für Verspätungen bei bestimmten internen Kodierungen

Ersatzfähig seien hier Verspätungen von mehr als 90 Sekunden, die von der Beklagten in ihrem Kodiersystem den Rubriken „Betriebsplanung/Betriebsführung, Infra­s­truk­tur­technik und bauliche Gründe“ zugeordnet worden waren. Weitergehende schuldhafte Pflicht­ver­let­zungen habe die Klägerin indes nicht belegt. Soweit die Beklagte verspätete Bereit­stel­lungen auf „extreme Einflüsse“, etwa in Form der Witterung, zurückgeführt habe, lägen diese nicht im Verant­wor­tungs­bereich der Beklagten. Folglich müsste die Klägerin im Einzelfall schuldhafte Pflicht­ver­let­zungen nachweisen. Dies gelte auch für sog. „sekundäre Verspä­tungs­ur­sachen“, etwa in Form von „gefährlichen Ereignissen, Zugfolge, Anschluss“. Die Klägerin habe diesen Nachweis nicht geführt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Senat hat für beide Parteien die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)

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