18.10.2024
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Dokument-Nr. 10710

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Urteil16.01.2001Oberlandesgericht Frankfurt am Main2 Ss 365/00
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NStZ-RR 2001, 269Zeitschrift: NStZ-Rechtsprechungsreport (NStZ-RR), Jahrgang: 2001, Seite: 269
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil16.01.2001

Erschleichen der Beför­de­rungs­leistung: "Schwarzfahren" ist auch ohne Kontrolle strafbarZur Strafbarkeit des "Schwarzfahrens" iSd. § 265 a StGB

"Schwarzfahren" ist auch dann strafbar, wenn das Verkehrsmittel frei zugänglich ist und keine Kontrol­l­ein­richtung umgangen wird. Dies hat das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main entschieden.

Die Richter des 2. Strafsenats des Oberlan­des­ge­richts Frankfurt am Main hatten sich in einem Revisi­ons­ver­fahren mit der Frage zu beschäftigen, ob sich Benutzer der S-Bahnen des Rhein-Main-Verkehrs­ver­bundes wegen Erschleichens einer Beför­de­rungs­leistung (§ 265 a StGB) strafbar machen, wenn sie vor Fahrtantritt keinen Fahrschein erwerben.

S-Bahnen können ohne Kontroll- oder Siche­rungs­vor­keh­rungen betreten werden

Diese S-Bahnen können nämlich von jedermann betreten und benutzt werden, ohne dass irgendwelche Kontroll- oder Siche­rungs­vor­keh­rungen umgangen werden müssen. Ein Amtsrichter des Amtsgerichts Offenbach am Main hatte einen Mann von dem Vorwurf der Beförderungserschleichung freigesprochen, der mehrfach in S-Bahnen ohne einen Fahrschein angetroffen worden war.

Amtsgericht sieht kein "Erschleichen"

Der Amtsrichter hatte seine von der höchstri­cher­lichen Rechtsprechung abweichende Auffassung damit begründet, der Schwarzfahrer habe die Benutzung der S-Bahnen nicht erschlichen. Für das tatbe­stands­mäßige Erschleichen sei das Überlisten oder Umgehen von Kontrollen erforderlich. Der Schwarzfahrer in einer S-Bahn des Rhein-Main-Verkehrs­ver­bundes tue aber außer dem Einsteigen und Mitfahren nichts, täusche niemanden und umgehe auch keine wie auch immer geartete Kontrolle.

OLG hebt Urteil des Amtsgerichts auf

Auf die Revision der Staats­an­walt­schaft hob der 2. Strafsenat des Oberlan­des­ge­richts Frankfurt am Main dieses Urteil auf und verwies die Sache an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Offenbach zurück.

OLG: Umgehen einer Kontroll­mög­lichkeit noch eine täuschung­s­ähnliche Manipulation ist für "Erschleichen" erforderlich

Die Richter vertraten die Auffassung, für die Feststellung des "Erschleichens" der Leistung sei weder das Umgehen einer Kontroll­mög­lichkeit noch eine täuschung­s­ähnliche Manipulation erforderlich. Vielmehr reiche es aus, dass der Angeklagte sich jeweils bei seinen Schwarzfahrten mit dem Anschein der Ordnungs­mä­ßigkeit umgeben habe, indem er sich unauffällig in der S-Bahn aufgehalten und dadurch den Eindruck erweckt habe, er sei im Besitz eines Fahrscheins. Der Rhein-Main-Verkehrsverbund unterbreite durch Bereithaltung der Transportmittel jedermann ein Angebot, das von den Fahrgästen durch Betreten der Wagen stillschweigend angenommen werde. In dem Betreten des Wagens liege bei Schwarzfahrern die wahrheits­widrige Erklärung, ihrer Zahlungspflicht in vertragsgemäßer Weise nachgekommen zu sein. Das Merkmal des "Erschleichens" einer Beför­de­rungs­leistung setze nicht notwendig voraus, daß der Angeklagte irgendwelche regelmäßigen Kontrollen oder vorhandene Sicher­heits­vor­keh­rungen umgehe oder unterlaufe. Die Strafvorschrift erfasse vielmehr auch Fälle, in denen konkret zu umgehende Schutz­vor­rich­tungen gar nicht vorhanden sind, sondern nur in Gestalt von Zufalls­kon­trollen in Erscheinung treten. Gerade weil die Verkehrs­be­triebe ihre Leistungen auch ohne besondere Siche­rungs­vor­keh­rungen und Kontrollen erbringen, sei ihr Vermögen gegenüber unberechtigter Inanspruchnahme besonders gefährdet. Das strafbare besondere Handlungs­unrecht im Falle der Beför­de­rungs­er­schleichung liege damit in dem Mißbrauch des Vertrauens unter Vorspiegelung ordnungsgemäßen Verhaltens.

Quelle: ra-online, Oberlandesgericht Frankfurt am Main (pm/pt)

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