21.11.2024
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil09.04.2020

Bewer­tungs­portal muss auf Tatsachen beruhende negative Bewertung über eine Arztpraxis nicht löschenKeine rechtwidrige Verletzung des Persönlichkeits­rechts

Ein Ärzte­bewertungs­portal erfüllt eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesell­schaftlich erwünschte Funktion, sofern der Betreiber als neutraler Infor­ma­ti­o­ns­mittler auftritt. Nutzer­be­wer­tungen in Form von Meinung­s­äu­ße­rungen auf einem solchen Portal sind hinzunehmen, wenn sie auf einer Tatsa­chen­grundlage beruhen und die Grenze zur Schmähkritik nicht überschreiten, entschied das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG).

Im hier vorliegenden Fall war die Klägerin Augenärztin in Hessen. Die Beklagte betreibt ein Arztsuche- und Bewertungsportal, auf den Informationen über Ärzte und Träger anderer Heilberufe kostenfrei abgerufen werden können. Die Beklagte bietet auf dem Portal als eigene Information sog. Basisdaten eines Arztes an (Name, Fachrichtung, Praxis Anschrift, Kontaktdaten ect.). Daneben sind Bewertungen abrufbar, die Nutzer in Form eines Notenschemas, aber auch in Form von Freitext­kom­mentaren abgegeben haben. Gegen Bezahlung können die Ärzte als Anzeige gekennzeichnete zusätzliche Informationen veröffentlichen lassen, sog. Premi­um­mit­glied­schaft.

Streit um Löschung negativer Bewertung

Die Klägerin bat um Löschung der negativen Bewertung und um Mitteilung des Urhebers. Die Bewertung wurde in der Folgezeit zunächst unsichtbar, nach einer Rücksprache mit dem/der Urheber/in des Kommentars jedoch wieder sichtbar gemacht. Der Urheber wurde nicht benannt. Eine Löschung der Basisdaten lehnte die Beklagte ebenfalls ab. Die Klägerin nimmt die Beklagte nunmehr auf Löschung ihrer Basisdaten, hilfsweise auf Löschung des Nutzer­kom­mentars in Anspruch.

OLG: Kein Anspruch auf Löschung der Basisdaten

Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben. Die hiergegen eingelegte Berufung hatte vor dem OLG Erfolg: Die Klägerin könne nicht die Löschung ihrer Basisdaten verlangen, urteilte das OLG. Auch ohne Zustimmung der Klägerin liege hier eine rechtmäßige Datenverarbeitung vor. Dies sei gem. der DSGVO der Fall, „wenn die Daten­ver­a­r­beitung zur Wahrnehmung des Verant­wort­lichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz perso­nen­be­zogener Daten erfordern, überwiegen.“ Dritten seien hier die Nutzer des Portals, die sich über Ärzte informieren wollten.

Keine verdeckten Vorteile für Prämienkunden

Hier falle die „erforderliche Abwägung zwischen den berechtigten Interessen des Verant­wort­lichen oder eines Dritten einerseits und den Interessen oder Grundrechten und Grundfreiheiten der betroffenen Person auf der anderen Seite“ zulasten der Klägerin aus. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das von der Beklagten betriebene Ärzte­be­wer­tungs­portal eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesell­schaftlich erwünschte Funktion erfülle, sofern die Betreiberin als neutraler Infor­ma­ti­o­ns­mittler auftrete. Dies sei hier der Fall. Anders als in früher vom BGH entschiedenen Konstellationen lägen insbesondere keine verdeckten Vorteile für die sog. Prämienkunden (mehr) vor. Für den Nutzer sei vielmehr klar ersichtlich, dass für die Anzeigen, die als solche bezeichnet und farblich unterlegt seien, eine Vergütung zu entrichten sei. Es fehle demnach nicht an der erforderlichen Transparenz.

Kein rechtswidriger Eingriff in Persön­lich­keitsrecht

Die Klägerin könne auch nicht Löschung der Bewertung verlangen. Das vom Portalbetreiber in derartigen Fällen einzuhaltende Verfahren sei hier durchgeführt worden. Die bemängelte Kritik sei von der Klägerin hinzunehmen, da sie dadurch nicht rechtswidrig in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt werde. Es handele sich um Meinung­s­äu­ße­rungen, die die Grenze zur Schmähkritik nicht überschritten. Sie beruhten auch auf einem Besuch bei der Klägerin und entbehrten demnach nicht jeder Tatsa­chen­grundlage.

Revision zugelassen

Der Senat hat die Revision zugelassen, da die Sache grundsätzliche Bedeutung hat. Der Revision.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)

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