Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil17.11.2015
Fahrgast eines Linienbusses erhält wegen Sturzes nach unnötiger Vollbremsung SchmerzensgeldSchmerzensgeld von 10.000 EUR aufgrund erlittener Sturzfolgen
Stürzt der Fahrgast eines Linienbusses wegen einer unnötigen Vollbremsung, obwohl er alle Maßnahmen zur Gewährleistung eines sicheren Halts unternommen hat, so steht ihm ein Anspruch auf Schmerzensgeld zu. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall klagte ein über 70-jähriger Mann wegen Verletzungen, die er als Fahrgast aufgrund eines Sturzes in einem Linienbus im Juli 2011 erlitten hatte, gegen das Busunternehmen und die Busfahrerin auf Zahlung von Schmerzensgeld. Der Mann litt infolge eines Schlaganfalls im Jahr 2004 an einer Gehbehinderung. Während der Fahrt saß er daher auf dem für Behinderte zugewiesenen Platz und hielt sich mit der linken Hand an den dafür vorgesehenen Haltegriff fest. Der Sturz hatte seine Ursache darin, dass die Busfahrerin eine unnötige Vollbremsung getätigt hatte, als sie aufgrund der von einem Pkw blockierten Fahrspur nach links auf die Gegenfahrbahn ausgewichen war und ihr dabei von vorn ein Fahrzeug entgegenkam. Eine Vollbremsung war jedoch nicht notwendig gewesen, da das entgegenkommende Fahrzeug problemlos am Bus vorbeifahren konnte. Das Landgericht Darmstadt wies die Schmerzensgeldklage ab. Dagegen richtete sich die Berufung des Klägers.
Anspruch auf Schmerzensgeld aufgrund Sturzes im Linienbus
Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. entschied zu Gunsten des Klägers und hob daher die Entscheidung des Landgerichts auf. Dem Kläger habe ein Anspruch auf Schmerzensgeld zugestanden. Der Fahrer eines Linienbusses sei verpflichtet ein außergewöhnlich heftiges Bremsen, auf das sich die Fahrgäste nicht einzustellen brauchen, nach Möglichkeit zu vermeiden. Gegen diese Pflicht habe die Busfahrerin verstoßen. Ein verkehrsbedingter Anlass für das abrupte Bremsmanöver habe nicht bestanden.
Kein Mitverschulden des Fahrgastes
Dem Kläger sei nach Ansicht des Oberlandesgerichts kein Mitverschulden anzulasten gewesen. Denn dieser habe alle Maßnahmen zur Gewährleistung eines sicheren Halts unternommen. Mehr als sich auf dem für Behinderte ausgewiesenen Platz zu setzen und sich mit der linken Hand an dem hierfür einzig vorgesehenen Haltegriff festzuhalten, habe nicht von ihm verlangt werden können.
Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 EUR
Das Oberlandesgericht erachtete ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 EUR für angemessen. Dabei berücksichtigte es, dass der Kläger angesichts des Sturzes eine Oberschenkelfraktur erlitt, ihm verletzungsbedingt eine Hüft-Totalendprothese implantiert wurde, sich stationär im Krankenhaus aufhalten musste, sich einer stationären Rehabilitation unterziehen musste, 36 ambulante physiotherapeutische Behandlungen durchführen musste , für insgesamt drei Monate einen Rollator benötigte und dauerhaft auf eine Gehhilfe angewiesen war.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.12.2016
Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt a.M., ra-online (vt/rb)