21.11.2024
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil22.08.2017

YouTube und Google müssen bei Urheberrechts­verstoß E-Mail-Adresse ihrer Nutzer herausgebenGericht verneint Auskunfts­an­spruch für Telefonnummern und IP-Adressen

Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) hat YouTube und Google verpflichtet, die E-Mail-Adresse ihrer Nutzer im Fall einer Urheberrechts­verletzung bekanntzugeben. Zugleich hat es festgestellt, dass über die Telefonnummer und die zugewiesene IP-Adresse keine Auskunft zu erteilen ist.

Die Klägerin ist eine deutsche Filmverwerterin. Sie besitzt die ausschließ­lichen Nutzungsrechte an zwei Filmen, die von drei verschiedenen Nutzern der Plattform YouTube öffentlich angeboten und jeweils mehrere tausendmal abgerufen wurden. Die Nutzer handelten unter einem Pseudonym.

Klägerin verlangte von You Tube und Google die Herausgabe der Klarnamen und der Postanschrift der Nutzer

Die Klägerin möchte diese Nutzer wegen der Verletzung ihrer Urheberrechte in Anspruch nehmen. Sie hatte deshalb zunächst von den beklagten Unternehmen YouTube und Google die Angabe der Klarnamen und der Postanschrift der Nutzer begehrt. Nachdem die Beklagten erklärt hatten, dass diese Angaben ihnen nicht vorlägen, verfolgt sie diesen Anspruch nicht weiter. Sie begehrt nunmehr noch Auskunft über die E-Mail Adressen, Telefonnummern und die IP-Adressen.

LG: Kein Anspruch auf Herausgabe der Daten

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass kein Anspruch auf Bekanntgabe dieser Daten bestünde. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin.

Das OLG hat die Beklagten unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils verpflichtet, die E-Mail-Adressen bekanntzugeben. Die Telefonnummern und maßgeblichen IP-Adressen müssen dagegen auch nach Ansicht des OLG nicht mitgeteilt werden.

Auskunfts­an­spruch besteht nach § 101 Abs. 2 Nr. 3 UrhG

Zur Begründung führt das OLG aus, die Beklagten hätten für die von den Nutzern begangenen Rechts­ver­let­zungen gewerbsmäßig Dienst­leis­tungen (§ 101 Abs. 2 Nr. 3 UrhG) zur Verfügung gestellt. Sie seien damit gemäß § 101 Abs. 3 Nr. 1 UrhG verpflichtet, Auskunft über „Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Verviel­fäl­ti­gungs­stücke (…)“ zu erteilen. Unter den Begriff der „Anschrift“ falle auch die E-Mail-Adresse. Den Begriffen „Anschrift“ und “Adresse“ komme keine unter­schiedliche Bedeutung zu. „Dass mit der Bezeichnung „Anschrift“ im Deutschen ursprünglich lediglich die Postanschrift gemeint war, ist historisch begründet“, so das OLG. Es gehe allein um die Angabe des Ortes, an dem man jemanden „anschreiben“ könnte. Die gewählte Formulierung der „Anschrift“ gehe zudem auf das Jahr 1990 zurück. Zu diesem Zeitpunkt habe der E-Mail-Verkehr „kaum eine praktische Bedeutung“ gehabt. Setze man demnach „Anschrift“ mit „Adresse“ gleich, erfasse dies eindeutig auch die E-Mail-Adresse. Auch hier handele es sich um eine Angabe, „wohin man schreiben muss, damit das Geschriebene den Empfänger erreicht“. Nur dieses Begriffs­ver­ständnis trage den geänderten Kommu­ni­ka­ti­o­ns­ge­wohn­heiten und dem Siegeszug des elektronischen Geschäfts­verkehrs hinreichend Rechnung.

Auskunftsrecht für Telefonnummern und IP-Adressen besteht nicht

Telefonnummer und IP-Adresse seien dagegen nicht vom Auskunfts­an­spruch umfasst. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch verkörperten „Anschrift“ einerseits und „Telefonnummer“ andererseits unter­schiedliche Kontaktdaten. Der von der Klägerin eingeführte Begriff der „Telefo­n­an­schrift“ sei auch nicht gebräuchlich. Bei IP-Adressen handele es sich - trotz des Wortbe­standteils „Adresse“ - bereits deshalb nicht um eine „Anschrift“, da der IP-Adresse keinerlei Kommu­ni­ka­ti­o­ns­funktion zukomme. Sie diene allein der Identi-fizierung des Endgerätes, von dem aus eine bestimmte Webseite aufgerufen werde.

Erläuterung:

Aus dem in Bezug genommenen Tatbestand des landge­richt­lichen Urteils ergibt sich u.a. Folgendes: Auf der Inter­net­plattform von YouTube können audiovisuelle Beiträge von Dritten eingestellt und anderen unentgeltlich zugänglich gemacht werden. Die Nutzer müssen sich vor einem Upload anmelden. Anzugeben ist zwingend ein Name, eine E-Mail-Adresse sowie das Geburtsdatum. Für die Anmeldung benötigt man ein Nutzerkonto bei Google, dem Mutterkonzern von YouTube.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm)

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