21.11.2024
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Beschluss08.07.2020

Elternteil darf von gerichtlich geregeltem Umgang nicht einseitig wegen Corona-Pandemie abweichenFreiwillige Quarantäne müssen beide Elternteile gemeinsam beschließen

Ein famili­en­ge­richtlich geregelter Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil darf ohne rechtfertigende Änderungs­entscheidung des Famili­en­ge­richts nicht unter Hinweis auf die Kontak­tbeschränkungen wegen der Verbreitung des Corona-Virus verweigert werden. Gegen einen Elternteil, der den Umgang gleichwohl nicht gewährt, kann ein Ordnungsgeld verhängt werden, entschied das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG).

Der Umgang des gemeinsam mit der Mutter sorge­be­rech­tigten Vaters mit dem 10-jährigen Kind der Eltern war mit Beschluss des Famili­en­ge­richts im August 2018 geregelt worden. Demnach bestand zu Gunsten des Vaters ein regelmäßiger Wochenendumgang sowie ein Ferienumgang mit dem bei der Mutter wohnenden Kind. Bei schuldhaften Zuwider­hand­lungen gegen diese Regelungen konnte ein Ordnungsgeld bis zu 25.000 € angeordnet werden.

Mutter will Umgang des Vaters mit dem Kind wegen Corona beschränken

Im März 2020 kam es zum Konflikt zwischen den Eltern hinsichtlich des Umgangs. Ende März teilte die Mutter dem Vater mit, dass sie den direkten Umgang zwischen dem Vater und dem Kind aussetze, da im Haushalt Corona-Risikogruppen lebten. Der Vater könne mit dem Kind telefonieren und es auf dem Balkon sehen. Mit im Haus, jedoch nicht in derselben Wohnung, wohnen die Großeltern des Kindes.

Vater klagt gegen Beschränkung des Umgangs und bekommt Recht

Auf Antrag des Vaters setzte das zuständige Familiengericht Ende Mai wegen Zuwiderhandlung gegen die gerichtlich festgelegte Umgangsregelung ein Ordnungsgeld gegen die Mutter i.H.v. 300 € fest.

Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Mutter hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Da die Mutter dem Vater ab Mitte März 2020 bis jedenfalls Ende Mai 2020 keinen persönlichen Kontakt mit ihrem gemeinsamen Kind gewährte, liege eine Zuwiderhandlung gegen die gerichtliche Umgangsregelung vor. Die Mutter habe diese Zuwiderhandlung auch zu vertreten im Sinne von § 89 FamFG. Ohne Erfolg berufe sich die Mutter darauf, dass der gerichtlich geregelte Umgang „wegen der Kontakt­be­schrän­kungen und der Gefahr der Verbreitung des Corona-Virus nicht habe stattfinden können,“ da sie selbst zu einer Risikogruppe gehöre und das Kind mit seinen Großeltern in einem Mehr-Genera­ti­o­nenhaus wohne. Der umgangs­ver­pflichtete Elternteil (hier die Mutter) ist ohne Einverständnis des umgangs­be­rech­tigten Elternteils (hier der Vater) grundsätzlich nicht befugt, entgegen einer famili­en­ge­richt­lichen Regelung über die Ausgestaltung und das Stattfinden des Umgangsrechts zu disponieren. Allein der Umstand, dass sich die Mutter irrtümlich hierzu berechtigt gefühlt habe, lasse ihr Verschulden nicht entfallen.

Corona-Pandemie kein Grund für Ausschluss des Umgangsrechts

Grundsätzlich hätten zudem die Kontakt­be­schrän­kungen wegen der Verbreitung des Corona-Virus zu keinem Zeitpunkt dazu geführt, dass Umgangskontakte von Elternteilen mit ihren Kindern nicht mehr stattfinden können bzw. konnten. Das Bundes­mi­nis­terium für Justiz habe vielmehr darauf hingewiesen, dass das Umgangsrecht aufgrund der Corona-Pandemie nicht auszuschließen sei. Die Empfehlung, soziale Kontakte möglichst zu vermeiden, beziehe sich nicht auf die Kernfamilie. Hierzu gehörten auch Eltern in verschiedenen Haushalten. „Der Umgang zwischen dem nicht betreuenden Elternteil und dem Kind gehört zum absolut notwendigen Minimum zwischen­mensch­licher Kontakte und unterfällt damit einem Ausnah­me­tat­bestand“, stellt das OLG heraus.

Freiwillige Quarantäne müssen beide Elternteile gemeinsam beschließen

Ohne Erfolg verweise die Mutter zudem auf eine freiwillige Quarantäne im Hinblick auf ihre eigene Vorerkrankung und das Alter der im Haus lebenden Großeltern. Die Entscheidung, das Kind ebenfalls einer freiwilligen Quarantäne zu unterstellen, hätte von den Eltern gemeinsam im Rahmen ihrer Sorge­rechts­be­fugnis getroffen werden müssen. Daran fehle es hier.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/pt)

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