Dokument-Nr. 142
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- Landgericht Wiesbaden, Urteil10.10.2003, 6 O 25/01
Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil29.07.2004
Kein Schadenersatz für Hörschaden durch Pistolenschuss im TheaterKnalleffekt bei Faust-Aufführung
Die Betätigung einer Schreckschusspistole mit einer Lautstärke bis zu 129 dB während einer Theateraufführung führt nach einer Entscheidung des 1. Zivilsenates nicht zur Haftung des Theaters für Gehörschäden eines besonders empfindlichen Besuchers.
Der Kläger, der seit 1997 unter einem chronischen Tinnitus litt, besuchte im April 1999 eine Aufführung des "Faust" im Hessischen Staatstheater. Kurz vor der Pause wurde auf der Bühne ein Schuss abgegeben, der am Sitzplatz des Klägers 129 dB laut war. Ein zweiter Schuss folgte unmittelbar nach der Pause.
Der Kläger nahm das Land Hessen als Betreiber des Staatstheaters auf Schadensersatz in Anspruch, weil sich seine Tinnitus-Beschwerden nach der Theateraufführung dramatisch verschlimmert hätten. Das Landgericht hatte der Klage in erster Instanz weitgehend stattgegeben. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Oberlandesgericht die erstinstanzliche Entscheidung abgeändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung führt der Senat aus, die Abgabe des Schusses in der Theateraufführung sei nicht fahrlässig gewesen. Zwar sei Impulslärm in Form eines Schusses besonders geeignet, Gehörschäden herbeizuführen. Der Eintritt eines solchen Schadens sei nach dem Ergebnis eines Sachverständigengutachtens aber außerordentlich unwahrscheinlich gewesen.
Von über 23.000 Besuchern der Aufführung habe allein der Kläger über eine Gehörschädigung geklagt. Der Einsatz von Schreckschusspistolen sei in der Theaterlandschaft alltäglich. Allein am Hessischen Staatstheater würden jährlich bis 200 Schreckschüsse abgegeben, ohne dass es jemals zu Klagen gekommen sei. Nach der Verkehrsauffassung verstehe es sich auch von selbst, dass es im Theater nicht immer leise zugehe, jeder Theaterbesucher wisse vielmehr, dass er mit dem sprichwörtlichen "Knalleffekt" zu rechnen habe. Er könne nicht erwarten, dass ein Regisseur allein deshalb auf solche Effekte verzichte, weil sich ein besonders empfindlicher Besucher im Publikum befinden könnte. Unter Berücksichtigung der Kunstfreiheit und der Unterhaltungserwartungen des Publikums könne diese Übung nicht als Unsitte, Nachlässigkeit oder Schlamperei angesehen werden. Jedenfalls im Jahr des Schadenseintrittes -1999 - habe es noch nicht dem allgemeinen Bewusstsein der Öffentlichkeit entsprochen, dass von Geräuschimmissionen auch in Theatern oder bei sonstigen Veranstaltungen eine nicht unerhebliche Gesundheitsgefahr ausgehe. Der Vorgeschädigte, überempfindliche Kläger sei mit dem Besuch des Theaters ein Risiko eingegangen und müsse die Folgen der Verwirklichung selbst tragen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 07.02.2005
Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main
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