18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil10.01.2017

Einfahrt eines Einsatz­fahr­zeuges in Kreuzungs­bereich bei Rot nur mit Blaulicht begründet hälftige Mithaftung an VerkehrsunfallRotlichtverstoß eines Einsatz­fahrzeugs nur unter Einsatz von Blaulicht und Martinshorn

Ein Einsatzfahrzeug darf in Notfällen zwar einen Rotlichtverstoß begehen. Dies setzt aber grundsätzlich den Einsatz von Blaulicht und Martinshorn voraus. Kommt es zu einem Verkehrsunfall, weil ein Einsatzfahrzeug nachts nur unter Einsatz von Blaulicht in ein Kreuzungs­bereich einfährt, begründet dies ein Mitverschulden von 50 %. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Düsseldorf hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Notarztwagen befand sich in einer Nacht auf einer Einsatzfahrt. Dabei fuhr das Fahrzeug bei Rotlicht nur unter Einsatz von Blaulicht in eine große innerstädtische Kreuzung hinein. Ein querender Opel-Fahrer, der das Einsatzfahrzeug erst spät wahrnehmen konnte, wurde davon derart überrascht, dass er eine Vollbremsung einleiten musste, um einen Zusammenstoß mit dem Einsatzfahrzeug zu vermeiden. Dies führte dazu, dass ein hinter ihm fahrender Pkw, dessen Fahrer vom Auftauchen des Einsatz­fahrzeugs ebenfalls überrascht wurde, auffuhr. Der auffahrende Fahrzeughalter klagte anschließend gegen das Land unter Berück­sich­tigung einer Mithaftung von 50 % auf Zahlung von Schadensersatz.

Landgericht bejaht Haftung in Höhe von 10 %

Das Landgericht Wuppertal gab der Schaden­s­er­satzklage nur zum Teil statt. Es hielt eine Haftungs­ver­teilung von 10 % zu 90 % zu Lasten des Klägers für angemessen. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Berufung des Klägers.

Oberlan­des­gericht erhöht Mithaftung auf 50 %

Das Oberlan­des­gericht Düsseldorf entschied zu Gunsten des Klägers und hob daher die Entscheidung des Landgerichts auf. Zwar sei dem Kläger ein erhebliches Mitverschulden am Auffahrunfall anzulasten, da er entweder den nach § 4 Abs. 1 StVO erforderlichen Sicher­heits­abstand zum Vordermann nicht eingehalten habe oder ihm unter Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO ein Aufmerk­sam­keits­ver­schulden anzulasten sei. Dennoch sei eine Haftungs­ver­teilung von 50 % zu 50 % angebracht, da dem Fahrer des Notarztwagens ebenfalls ein erhebliches Mitverschulden am Auffahrunfall treffe.

Vorrecht des Einsatz­fahrzeugs nur bei Einsatz von Blaulicht und Martinshorn

Der Notarztwagen habe sich zwar grundsätzlich auf Sonderrechte berufen dürfen, so das Oberlan­des­gericht, da es sich auf einer Einsatzfahrt im Sinne von § 38 Abs. 1 Satz 1 StVO befunden habe. Jedoch bestehe in diesem Fall nur dann gemäß § 38 Abs. 1 Satz 2 StVO die Pflicht der anderen Verkehrs­teil­nehmer sofort frei Bahn zu schaffen, wenn sowohl die optischen als auch akustischen Warnsignale gleichzeitig eingesetzt werden. Daran fehlte es hier. Es sei unzutreffend, dass dem Führer eines Einsatz­fahrzeugs auch dann die Sonderrechte zu stehen, wenn das Fahrzeug weder Martinshorn noch Blaulicht einsetze.

Einsatz von Martinshorn und Blaulicht aufgrund besonderer Gefährlichkeit

Es verstehe sich nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts von selbst, dass der Fahrer eines Einsatz­fahrzeugs die optischen und akustischen Warnvor­rich­tungen einsetzen müsse, wenn er zur Nachtzeit bei Rotlicht in eine große innerstädtische Kreuzung mit einem erheblichen Gefah­ren­po­tential wegen der naheliegenden Möglichkeit des plötzlichen Auftauchens von bevorrechtigtem Querverkehr einfährt. Zudem sei § 35 Abs. 8 StVO zu beachten, wonach von den Sonderrechten nur unter gebührender Berück­sich­tigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gebrauch gemacht werden dürfe. So werde das Vorfahrtsrecht anderer Verkehrs­teil­nehmer nur zu Gunsten des Sonder­rechts­fahrers beschränkt. Dieser dürfe nur unter Anwendung größtmöglicher Sorgfalt das Vorfahrtsrecht anderer im Zusammenhang mit einer Einsatzfahrt außer Acht lassen. Die größtmögliche Sorgfalt erfordere zwingend den Einsatz des optischen und akustischen Warnsignals zur gleichen Zeit.

Quelle: Oberlandesgericht Düsseldorf, ra-online (vt/rb)

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