21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 24497

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Urteil23.06.2015Oberlandesgericht DüsseldorfI-1 U 107/14
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2015, 3586Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2015, Seite: 3586
  • NZV 2016, 123Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV), Jahrgang: 2016, Seite: 123
  • VersR 2016, 546Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2016, Seite: 546
  • zfs 2015, 614Zeitschrift für Schadenrecht (zfs), Jahrgang: 2015, Seite: 614
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Vorinstanz:
  • Landgericht Duisburg, Urteil17.03.2015, 3 O 63/13
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil23.06.2015

Anscheinsbeweis spricht nicht für Verschulden des Linksabbiegers bei AuffahrunfallLebenserfahrung lässt nicht Schluss auf eine Pflicht­ver­letzung des Abbiegenden zu

Beabsichtigt ein Autofahrer einige Meter vor einer Kreuzung in zulässiger Weise nach links in ein Grundstück abzubiegen und kommt es dabei zu einem Auffahrunfall, spricht kein Anscheinsbeweis für ein Verschulden des Linksabbiegers. Die Lebenserfahrung lässt in diesem Fall nicht den Schluss auf eine Pflicht­ver­letzung des Abbiegenden zu. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Düsseldorf hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall kam es im Juli 2012 einige Meter vor einer Kreuzung zu einem Auffahrunfall. Dies hatte folgenden Hintergrund: Der Fahrer eines Citroën befand sich auf einer Links­ab­bie­gerspur und beabsichtigte einige Meter vor der Kreuzung nach links in sein Grundstück einzufahren. Er setzte dazu den linken Fahrt­rich­tungs­an­zeiger und bremste sein Fahrzeug ab. Letzteres führte dazu, dass ein hinter ihm fahrender Audi auffuhr. Aufgrund des dadurch entstandenen Schadens klagte der Citroën-Fahrer auf Schadensersatz. Der Audi-Fahrer wies jegliche Verantwortung zurück. Er führte an, nicht damit habe rechnen müssen, dass der Citroën-Fahrer unerwartet stark sein Fahrzeug abbremst und nach links abbiegt. Er habe vielmehr davon ausgehen dürfen, dass der vor ihm fahrende Citroën erst an der Kreuzung abbiegt.

Landgericht gab Schaden­s­er­satzklage zu 50 % statt

Das Landgericht Duisburg gab der Schaden­s­er­satzklage zu 50 % statt. Es hielt ein Mithaf­tungs­anteil des Klägers in dieser Höhe für begründet. Gegen beide Parteien spreche ein Anscheinsbeweis. Gegen den Kläger, da er in ein Grundstück einbiegen wollte und gegen den Beklagten, weil er aufgefahren ist. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Berufung ein.

Oberlan­des­gericht bejaht vollständigen Schaden­s­er­satz­an­spruch

Das Oberlan­des­gericht Düsseldorf entschied zu Gunsten des Klägers und hob daher die Entscheidung des Landgerichts auf. Dem Kläger sei kein Fahrfehler und somit kein Mitverschulden am Unfall anzulasten. Er habe insbesondere an der Unfallstelle nach links abbiegen dürfen.

Bei Auffahrunfall spricht kein Anscheinsbeweis für Verschulden des Linksabbiegers

Nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts spreche kein Anscheinsbeweis für ein Verschulden des Klägers. Zwar habe das Landgericht Saarbrücken entschieden, dass bei einer Kollision mit dem nachfolgenden Verkehr beim Abbiegen in ein Grundstück, der Abbiegende typischerweise gegen die ihm obliegende Pflicht, die Gefährdung anderer Verkehrs­teil­nehmer auszuschließen, verstoße. Gegen den Abbiegenden spreche insofern aufgrund der gesteigerten Sorgfalts­pflichten des § 9 Abs. 5 StVO ein Anscheinsbeweis (LG Saarbrücken, Urt. v. 24.01.2014 - 13 S 168/13 -). Dieser Ansicht folgte das Oberlan­des­gericht Düsseldorf jedoch nicht.

Lebenserfahrung lässt nicht Schluss auf eine Pflicht­ver­letzung des Abbiegenden zu

Die Anwendung der Grundätze zum Anscheinsbeweis setze Gesche­hens­a­bläufe voraus, so das Oberlan­des­gericht, bei denen sich nach der allgemeinen Lebenserfahrung der Schluss aufdränge, dass ein Verkehrs­teil­nehmer seine Pflicht zur Beachtung der erforderlichen Sorgfalt verletzt und dadurch den Unfall verursacht habe. Wenn ein nachfolgendes Fahrzeug auf einen Abbieger auffährt, lasse die Lebenserfahrung jedoch nicht den Schluss auf eine Pflicht­ver­letzung des Abbiegenden zu. Denn auch bei Beachtung der hohen Sorgfalts­pflichten, könne eine Kollision allein deshalb erfolgen, weil der nachfolgende Verkehr alle deutlichen Anzeichen für das beabsichtigte Abbiegen übersehe oder allein deshalb auf den Abbiegenden auffahre, weil er seine Pflichten nicht genüge. Der Abbiegende habe nur sehr begrenzte Möglichkeiten auf den rückwärtigen Verkehr zu reagieren. Dies gelte insbesondere dann, wenn der Abbiegende bereits steht.

Anscheinsbeweis spricht für Verschulden des Auffahrenden

Nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts spreche ein Anscheinsbeweis vielmehr für ein Verschulden des Beklagten. Es sei nach der Lebenserfahrung wahrscheinlich, dass der Auffahrunfall auf zu geringen Abstand, Unauf­merk­samkeit oder unangepasster Geschwindigkeit beruht habe. Dabei sei es unerheblich, dass der Kläger seine Fahrt vor dem Abbiegen verzögerte. Denn der Anscheinsbeweis spreche auch dann gegen den Auffahrenden, wenn der Vorausfahrende habe bremsen müssen, was ein plötzliches starkes Abbremsen mit einschließe.

Quelle: Oberlandesgericht Düsseldorf, ra-online (vt/rb)

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