18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Landgericht Saarbrücken Urteil24.01.2014

Bei Verkehrsunfall aufgrund Abbiegens in ein Grundstück spricht Anscheinsbeweis für schuldhaften Verkehrsverstoß des AbbiegendenVerstoß gegen gesteigerte Sorgfalts­pflichten des § 9 Abs. 5 StVO

Beabsichtigt ein Autofahrer nach links in ein Grundstück einzubiegen und kommt es dabei zu einem Auffahrunfall, so spricht der Beweis des ersten Anscheins für einen schuldhaften Verkehrsverstoß des Abbiegenden. Es wird vermutet, dass der Abbiegende gegen die gesteigerten Sorgfalts­pflichten des § 9 Abs. 5 StVO verstoßen hat. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Saarbrücken hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im April 2012 beabsichtigte ein Autofahrer von einer Straße nach links in ein Grundstück einzubiegen. Dabei fuhr ihn ein anderer Autofahrer hinten auf. Der Auffahrende klagte anschließend gegen den Abbiegenden und dessen Haftpflicht­ver­si­cherung auf Schadensersatz.

Amtsgericht wies Schaden­s­er­satzklage ab

Das Amtsgericht Homburg ging nach der Beweisaufnahme davon aus, dass der Kläger den Verkehrsunfall schuldhaft verursacht habe, da er entweder mit zu geringem Abstand oder unaufmerksam gefahren sei. Zwar habe sich der Beklagte nicht zur Mitte angeordnet, dies sei aber unbeachtlich gewesen. Das Gericht wies daher die Schaden­s­er­satzklage ab. Dagegen richtete sich die Berufung des Klägers.

Landgericht bejaht teilweisen Schaden­s­er­satz­an­spruch

Das Landgericht Saarbrücken entschied zum Teil zu Gunsten des Klägers und hob dementsprechend die Entscheidung des Amtsgerichts auf. Dem Kläger stehe ein Schaden­s­er­satz­an­spruch unter Beachtung eines Mitverschuldens von 50 % zu. Ihm sei vorzuwerfen, dass er entweder unaufmerksam gewesen sei (§ 1 Abs. 2 StVO) oder nicht den gebotenen Abstand eingehalten habe (§ 4 Abs. 1 StVO). Der Beklagte wiederum habe gegen § 9 Abs. 1 Satz 2 StVO verstoßen, da er sich nicht zur Mitte hin eingeordnet habe. Zudem spreche ein Anscheinsbeweis dafür, dass der Beklagte gegen die Sorgfalts­pflichten des § 9 Abs. 5 StVO verstoßen habe.

Anscheinsbeweis spricht für schuldhaften Verstoß gegen Sorgfalts­pflichten

Komme es im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Abbiegen in ein Grundstück zu einer Kollision mit dem fließenden Verkehr, so spreche nach Ansicht des Landgerichts der Beweis des ersten Anscheins regelmäßig dafür, dass der in das Grundstück Abbiegende gegen die Sorgfalts­pflichten verstoßen habe. § 9 Abs. 5 StVO gehe für den Regelfall davon aus, dass der Abbiegende in der Lage sei, durch rechtzeitiges Ankündigen seiner Abbiegeabsicht und Einordnen auf der Fahrbahn, behutsame Verlangsamung der Geschwindigkeit, angemessene Beobachtung des nachfolgenden Verkehrs, Rückgriff auf einen Einweisenden und notfalls vollständiges Zurückstellen des Abbiegevorgangs einen Unfall vermeiden zu können. Komme es gleichwohl zu einem Unfall, ohne dass besondere Umstände vorliegen, habe der Abbiegende typischerweise gegen die ihm obliegende Pflicht verstoßen.

Verkehrsverstoß des nachfolgenden Verkehrs lässt Anscheinsbeweis nicht entfallen

Nach Auffassung des Landgerichts entfalle der Anscheinsbeweis nicht dadurch, dass dem nachfolgenden Verkehr ebenfalls ein Verkehrsverstoß anzulasten sei. Andernfalls könne § 9 Abs. 5 StVO seine Funktion nicht erfüllen. Dieser liege darin, die Sorgfalts­an­for­de­rungen beim Abbiegen in ein Grundstück zu erhöhen. Denn der fließende Verkehr könne sich auf ein solches Abbiegen weniger gut einstellen, da typischerweise an einer Stelle abgebogen werde, die für den fließenden Verkehr weniger gut erkennbar sei.

Quelle: Landgericht Saarbrücken, ra-online (vt/rb)

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