Das Gericht befand, dass die Querschnittslähmung Folge eines "Unfalls" im Sinne der Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen (AUB) sei. Dies gelte sowohl dann, wenn die Klägerin - was von den Versicherungen bestritten worden war - durch einen Aufprall auf das Bettgestell verletzt worden sei, als auch dann, wenn die Querschnittslähmung durch den Geschlechtsverkehr als solchen ausgelöst worden sei.
Die Klägerin war im April 1994 mit starken Unterleibsblutungen in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Dort zeigten sich die Lähmungserscheinungen. Der Unfall hatte sich nach den Ausführungen der Klägerin wie folgt zugetragen: Sie sei beim Intimverkehr rittlings auf ihrem auf dem Rücken liegenden Partner gesessen. Aufgrund einer heftigen Bewegung habe sie das Gleichgewicht verloren und sei aus dem Bett gestürzt. Dabei sei sie mit dem Gesäß auf eine am Fußende des Betts befindliche Metall-Einfassung aufgeschlagen.
Diese Unfallschilderung zweifelten die in Anspruch genommenen Versicherungen an. Sie führten aus, dass das von der Klägerin beschriebene Aufschlagen weder zu einer Querschnittslähmung noch zu vaginalen Blutungen passe. Die Durchblutungsstörungen seien Folge der heftigen Bewegungen beim Geschlechtsverkehr. Verletzungen infolge von Eigenbewegungen erfüllten aber nicht den Tatbestand des "Unfalls" im Sinne der AUB, weshalb der Versicherungsfall nicht eingetreten sei.
Auch die Richter äußerten Bedenken hinsichtlich der Unfallschilderung der Klägerin. An ihrem Körper seien keinerlei Spuren einer äußeren Verletzung festzustellen gewesen, die auf einen Sturz hingedeutet hätten. Die Klägerin habe den Ärzten im Krankenhaus auch nichts von einem Sturz gesagt. Zudem sei schwer vorstellbar, wie die Klägerin in der sitzenden Position das Gleichgewicht verlierend nicht lediglich nach hinten weggekippt, sondern weggeschleudert und dabei mit dem Gesäß auf die Metallstange am Fußende des Bettes aufgeprallt sein solle. Dieser Frage brauche aber nicht weiter nachgegangen zu werden.
Die Richter stellten klar, dass die Versicherungen nach beiden Sachverhaltsvarianten eintrittspflichtig seien. Denn die Klägerin habe - gegebenenfalls auch ohne Aufprall - eine Gesundheitsbeschädigung durch ein von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig erlitten. Dies dokumentierten die heftigen vaginalen Blutungen.
Die "mechanische" Ursache, welche zu "Irritationen" geführt und die Blutungen ausgelöst habe, stelle sich doch als ein von außen wirkendes Ereignis dar. Denn als ein solches sei auch der Geschlechtsakt anzusehen, wenn er wie hier ausweislich der Aussage des Geschlechtspartners von ihm mit Heftigkeit vollzogen worden sei und zu alsbald eintretenden Blutungen geführt habe. Infolge des Kontakts mit dem Partner und dessen Bewegungen gehe es beim vollzogenen Geschlechtsverkehr nicht lediglich um bloße (gesteuerte) Eigenbewegungen der Verletzten, welche die Annahme eines Unfalls möglicherweise nicht rechtfertigen würden.
Auch das weitere Merkmal des Unfallbegriffs der AUB, dass es sich um eine "plötzliche" Einwirkung von außen gehandelt haben müsse, sei erfüllt. Plötzlich sei die Einwirkung von außen, wenn sie sich auf einen kurzen Zeitraum beschränke, der sich von einem nur allmählich ablaufenden Geschehen abhebe, das etwa in einer sich über Tage erstreckenden Einwirkung zu sehen wäre. Der Geschlechtsverkehr insgesamt und insbesondere die heftigen Stöße des Partners der Klägerin konzentrierten sich indes auf eine kurze Zeitspanne.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.03.2011
Quelle: ra-online, Oberlandesgericht Düsseldorf (vt/we)