Eine sächsische Polizeiverordnung, die einen Anleinzwang für Hunde im Gemeindegebiet vorsieht, verstößt jedenfalls dann gegen den Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn sie keinerlei Ausnahmen vom allgemeinen Leinenzwang vorsieht. Zwar bestehen angesichts der von freilaufenden Hunden ausgehenden abstrakten Gefahr keine Bedenken gegen einen ordnungsbehördlich geregelten allgemeinen Anleinzwang. Mit dessen zeitlich und räumlich unbeschränkter Geltung im gesamten Gemeindegebiet würde aber dem Anspruch der Bevölkerung auf Schutz vor Belästigung und Gefahren einseitig zu Lasten der Hundehalter Rechnung getragen.
Den insoweit anzulegenden Maßstäben werden die in Leipzig und in Plauen geltenden Polizeiverordnungen gerecht. Sie enthalten jeweils Ausnahmeregelungen, wonach Hunde auf so genannten »Freilaufflächen« vom Leinenzwang befreit sind. In Leipzig gebe es beispielsweise insgesamt 47 »Hundewiesen« mit einer Gesamtfläche von 16,72 Hektar. Die berechtigten Interessen der Hundebesitzer sind damit ausreichend berücksichtigt.
Dagegen verstößt die Polizeiverordnung der Stadt Zwickau, kraft derer sich das Anleingebot faktisch auf das gesamte Gemeindegebiet erstreckt, gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Bestimmtheitsgebot. Sie ist daher insoweit unwirksam, weshalb der Beschwerdeführer im dortigen Verfahren vom Senat freigesprochen wurde.
Erläuterungen
Beschluss vom 07.02.2007, Ss (Owi) 395/06 (betrifft Zwickau)
Beschlüsse vom 07.02.2007, SS (Owi) 188/06 und 301/06 (betreffen Leipzig)
Beschluss vom 13.02.2006, SS (Owi) 721/06 (betrifft Plauen)
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.03.2007
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 09/07 des OLG Dresden vom 08.03.2007