24.11.2024
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Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einem Arzt im Vordergrund.

Dokument-Nr. 24580

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Urteil14.02.2017Oberlandesgericht Dresden4 U 1256/16
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GesR 2017, 232Zeitschrift: GesundheitsRecht (GesR), Jahrgang: 2017, Seite: 232
  • NJ 2017, 246Zeitschrift: Neue Justiz (NJ), Jahrgang: 2017, Seite: 246
  • NVwZ 2017, 656Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ), Jahrgang: 2017, Seite: 656
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Vorinstanz:
  • Landgericht Chemnitz, Urteil27.07.2016, 4 O 1942/14
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Dresden Urteil14.02.2017

In Sachsen haften für Behand­lungs­fehler eines Notarztes die Rettungs­zweck­verbände oder die Landkreise und kreisfreien StädteKeine Haftung der Krankenkassen und ihrer Verbände

Kommt es während eines Rettungs­ein­satzes zu einem Behand­lungs­fehler eines Notarztes, so haften dafür in Sachsen entweder die Rettungs­verbände oder die Landkreise und kreisfreien Städte, wenn sich diese nicht zu einem Rettungsverband zusam­men­ge­schlossen haben. Eine Haftung der Krankenkassen und deren Verbände besteht nicht. Dies hat das Oberlan­des­gericht Dresden entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Dezember 2011 verbrannte sich ein Kleinkind mit heißem Tee an Kopf-, Thorax- und Halsbereich. Im Rahmen des anschließenden Rettungs­ein­satzes kam es bei der Intubation durch eine Notärztin zu Komplikationen. Da das Kleinkind, vertreten durch seine Eltern, von einer Haftung des Landkreises für den Behandlungsfehler der Notärztin ausging, erhob es gegen den Landkreis Klage auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld.

Landgericht wies Klage ab

Das Landgericht Chemnitz wies die Klage ab. Seiner Auffassung nach obliege die Verant­wort­lichkeit für die notärztliche Versorgung in Sachsen nicht den Landkreisen, sondern den Krankenkassen und ihren Verbänden. Der Landkreis sei daher der falsche Beklagte. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Berufung ein.

Oberlan­des­gericht bejaht Haftung des Landkreises

Das Oberlan­des­gericht Dresden entschied zu Gunsten des Klägers und hob daher die Entscheidung des Landgerichts auf. Der Landkreis könne für eventuelle Behand­lungs­fehler der Notärztin gemäß Art. 34 GG in Verbindung mit § 839 BGB haftbar gemacht werden. Verletzt ein Amtsträger in Ausübung eines öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so treffe gemäß Art. 34 GG die Verant­wort­lichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er stehe. Im Regelfall hafte die Körperschaft, die den Amtsträger angestellt und ihm damit die Möglichkeit zur Amtsausübung eröffnet habe. Dies sei hier der beklagte Landkreis.

Verant­wort­lichkeit der Rettungs­zweck­verbände oder der Landkreise und kreisfreien Städte für Fehler eines Notarztes

Zwar habe die Notärztin in keinem Vertrags- oder Dienst­ver­hältnis mit dem Landkreis gestanden, so das Oberlan­des­gericht. Eine Verant­wort­lichkeit des Landkreises bestehe dennoch, da die Notärztin von diesem im Rahmen des bodengebundenen Rettungs­dienstes, der gemäß § 3 des Sächsischen Gesetzes über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katas­tro­phen­schutz (SächsBRKG) in den Aufgabenbereich des Landkreises falle, mit notärztlichen Aufgaben betraut worden sei. Daran ändere auch nichts der Umstand, dass durch § 28 Abs. 2 SächsBRKG die Sicherstellung der notärztlichen Versorgung im Rettungsdienst den Krankenkassen und deren Verbänden übertragen werde. Die Haftungsfrage bestehe unabhängig davon, wem der Sicher­stel­lungs­auftrag obliege.

Andere Rechtslage als in Thüringen

Die Rechtslage sei nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts nicht vergleichbar mit der in Thüringen, wo für Behand­lungs­fehler eines Notarztes die Kassenärztliche Vereinigung hafte (vgl. BGH, Urt. v. 12.01.2017 - III ZR 312/16 -). Anders als in Thüringen habe der sächsische Landes­ge­setzgeber von der Möglichkeit die Aufgabe der notärztlichen Versorgung im Rahmen des Rettungs­dienstes den Kassen­ärzt­lichen Vereinigungen zu übertragen, keinen Gebrauch gemacht. Eine entsprechende Vorschrift zu §§ 5 Abs. 1 Satz 2, 7 Abs. 1 des Thüringer Rettungs­dienst­ge­setzes fehle in Sachsen.

Quelle: Oberlandesgericht Dresden, ra-online (vt/rb)

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